Kickls Problem

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ANALYSE. Die nächste Nationalratswahl findet wohl erst in fünf Jahren statt. Bis dahin stärker und stärker zu werden aus der Opposition heraus ist möglich, aber nicht selbstverständlich.

FPÖ-Chef Herbert Kickl kann sich zurücklehnen: Weil er einen Regierungsbildungsauftrag nicht erfüllen könnte, wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Auftrag wohl ÖVP-Obmann Karl Nehammer erteilen. Nehammer wird sich mit Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) irgendwie zusammenraufen. In der Volkspartei hält sich die Begeisterung in Grenzen: „Was soll das schon werden bei so großen Unterschieden und drei Parteien, siehe Deutschland? Da wird Kickl auch wegen all der unpopulären Maßnahmen, die allein schon zur Budgetsanierung notwendig werden, abräumen bei der nächsten Wahl!“

Was stimmt: Die FPÖ hat Chancen, bei der steirischen Landtagswahl Ende Oktober auf Platz eins zu stürmen und die ÖVP damit hinter sich zu lassen. Es wirkt wie eine Bestätigung von Kickl und eine erste Abfuhr für Nehammer. Allein: Gerade weil das so absehbar ist, wird es das nicht mehr unbedingt sein. Zumal (erstens) offensichtlich ist, dass wenn, dann auch ein Unvermögen der steirischen Landeshauptmannes Christopher Drexler (ÖVP) eine Rolle spielt; und zumal (zweitens) der Vorarlberger Markus Wallner (ÖVP) gerade gezeigt hat, dass ein Landeshauptmann, der als solcher einen Bonus einzubringen hat bei einem Urnengang, der Volkspartei einen größeren Absturz ersparen und die Freiheitlichen auf Distanz halten kann.

Insofern hat Wallner Nehammer gerade einen großen Dienst erwiesen und dazu beigetragen, dass es am Abend der steirischen Landtagswahl vielleicht zwar zu einer Obmanndebatte kommt – jedoch eine, die nicht ihn, sondern Drexler betrifft.

Im Übrigen wird es nach diesem Urnengang wohl auf die fünfte Regierungsbeteiligung der FPÖ auf Ebene der Bundesländer hinauslaufen: Auf Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg (wo gerade Verhandlungen in die Wege geleitet worden sind), wird die Steiermark folgen.

Das macht was. Österreichische Politik wird stärker durch Freiheitliche beeinflusst. Für Vorarlberg hat Wallner bereits angekündigt, Zuwanderung stärker in den Fokus rücken zu wollen. Als hätte er sich schon geeinigt mit den Blauen.

All dies ist aber nicht nur gut für Kickl: Er bleibt auf der Oppositionsbank. Und weil nach der steirischen Landtagswahl länger keine Landtagswahl mehr kommen wird, die zu einem Problem werden könnte für Nehammer; ja weil niemand außer Kickl so schnell an einer vorgezogenen Nationalratswahl interessiert sein kann, ist es durchaus möglich, dass dieser Zustand sehr lange andauern wird. Gut fünf Jahre nämlich.

Es ist nicht selbstverständlich, dass der FPÖ-Chef die Stimmung zu seinen Gunsten über eine solche Dauer halten kann. Da muss schon einiges zusammenkommen. Die Zeit multipler Krisen darf nicht zu Ende gehen. Die Regierung muss unbeliebt bleiben. Die Leute, die ihm zujubeln, dürfen nicht müde werden. Es darf kein politischer Mitbewerber aufkommen, der ihm gefährlich werden könnte. Kein Typ wie Kay-Michael Dankl, der Kommunist, der in Salzburg auch den Freiheitlichen Wähler abgenommen hat. Eigene Leute dürfen nicht irgendwann anfangen, zu klagen, dass halt wirklich nur er einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene im Weg stehe. Und so weiter und so fort.

Nicht, dass man Kickl jetzt abschreiben sollte. Ja nicht! Ganz so automatisch früher oder später Kanzler wird er jedoch nicht.

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