Kickls nächste Pleite

-

ANALYSE. Der FPÖ-Chef hat sich nicht nur selbst ums Kanzleramt gebracht: Er bringt nicht einmal regelkonforme Oppositionsarbeit zusammen.

Ja freilich ist das ein „Sieg der Blockierer und Vertuscher“ und ein „schwarzer Tag für die parlamentarische Kontrolle“, wie es FPÖ-Parteichef und -Klubobmann Herbert Kickl behaupteten lässt. So ein Blödsinn: Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass das Verlangen seiner Partei auf einen Kraut-und-Rüben-Untersuchungsausschuss rechtswidrig ist. Ihm zu unterstellen, politisch motiviert zu urteilen, ist daneben: Er war es, der der Partei auch schon recht gegeben und zum Beispiel die Wiederholung einer Bundespräsidenten-Stichwahl (2016) durchgesetzt hat. Weil es aus seiner Sicht rechtlich so geboten war. Nicht weil er Norbert Hofer, ihrem damaligen Kandidaten, helfen wollte.

Die jetzigen Argumente der Höchstrichter sind schlüssig: Es braucht einen konkreten Untersuchungsgegenstand. Kickl und Co. wollten jedoch das Tun von ÖVP-Regierungsmitgliedern in den Jahren 2020 bis 2025 unter die Lupe nehmen bzw. im Besondern, was sie in der Causa Pilnacek und in der Coronapandemie zu verantworten gehabt hätten. Also alles und letzten Endes wohl Beliebiges.

Es ist zu billig, zu schlechte Oppositionspolitik und die nunmehrige Folge davon umso mehr auch eine schallende Ohrfeige für Kickl: Vor einem halben Jahr hat er gezeigt, dass er nicht regierungsfähig ist. Eine Voraussetzung dafür wäre, dass man sich mit anderen zusammenraufen und Kompromisse eingehen kann. Kickl konnte das nicht. Daher ist ihm auch der Weg ins Kanzleramt verwehrt geblieben. Genauer: Er ist hier über sich selbst gestolpert. Zu unfähig.

Und jetzt eben das: Bei dem, was die FPÖ untersuchen wollte, schwingt eine Botschaft mit. Eine pauschale Vernichtung: Regierungspolitiker, die nicht der FPÖ angehören, sind Versager. Sie agieren von A bis Z genau nicht im Sinne „des Volkes“ und betreiben ausschließlich Machtmissbrauch. Das ist natürlich Unsinn. Aber es entspricht Kickl: Er kann nur so. Er bezeichnet ja alle Nicht-FPÖ-Politiker als „Volksverräter“ und sich selbst als das glatte Gegenteil davon, nämlich als „Volkskanzler“.

Durchaus erfolgreich, wie Umfragen zeigen. Die 30, 35 Prozent für die FPÖ können aber kein Grund sein, dass ein Verfassungsgerichtshof sagt, okay, die Partei ist jetzt groß genug und darf daher machen, was sie will. Auch Kickl muss mit seinen Leuten regelkonforme Oppositionspolitik liefern. Selbst wenn er es ganz offensichtlich erst lernen muss.

Das ist für ihn, der vorgibt, alles richtig und nichts falsch zu machen, schmerzlich, aber natürlich nicht das Ende in der Politik. Wie es auch das Nicht-Kanzler-werden nicht war. Er wird wohl einen regelkonformen Untersuchungsgegenstand zusammenbringen. Es wird halt keine Totalabrechnung mit der ÖVP möglich sein, sondern nur eine Abrechnung, die sich auf die Coronazeit bezieht.

Damit geht aus freiheitlicher Sicht noch immer sehr viel Potenzial einher: Corona sitzt nicht bei einer Mehrheit, aber einem so großen Teil der Bevölkerung nach wie vor so tief, dass es der Maßnahmen- und Impfgegnerpartei FPÖ entscheidende Prozentpunkte für Platz eins gebracht haben dürfte bei der jüngsten Nationalratswahl. Umso wichtiger ist es für sie, das Thema auch im Hinblick auf die oberösterreichische Landtagswahl in zwei Jahren weiter zu pflegen, wo sie sich Chancen auf den Landeshauptmann ausrechnet.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner