Kickls Grenzen

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ANALYSE. Der Kurs des FPÖ-Chefs wird von einer Mehrheit abgelehnt. Zumal er demokratiegefährdend ist, ist das ein Glück. Zeit für andere Parteien, das zu erkennen und selbstbewusst dagegen aufzutreten.

Auf seiner Heimat-Tour hat FPÖ-Chef Herbert Kickl noch einmal ausgeteilt, wie die „Presse“ berichtet: Politiker, die nicht seiner Partei angehören, bezeichnete der Berufspolitiker als „Systemlinge“, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) als „das Grindigste, was es in der österreichischen Innenpolitik gibt“ und SPÖ-Mann Andreas Babler als „faules, marxistisches Früchtchen“. Dem Hund, der Bundespräsident Alexander Van der Bellen in die Hand gebissen hat, attestierte er wiederum „eine gute Menschenkenntnis“.

Angriffe auf eine Zeitung übernahm diesmal die Gastgeberin, Salzburgs LH-Stellvertreterin Marlene Svazek. Sie rief dazu auf, die „Krone“ abzubestellen. In Kärnten hatte er seine Anhänger noch selbst ermuntert, die „Kleine“ mit einer frisch geschliffenen Schere zu zerschnipseln, weil sie „nur Blödsinn“ schreibe.

Die Karten liegen auf dem Tisch: Herbert Kickl bekämpft offen, was Demokratie ausmacht: Andersdenkende Politiker. Oder eben Medien, die sich im Unterschied zu freiheitlichen Organen nicht unterordnen. Auch gegen den direkt gewählten Bundespräsidenten tritt er an, also denjenigen, der über die größte demokratische Legitimation in diesem Land verfügt. Ausgerechnet er als selbsternannter „Volkskanzler“ tut das. Damit offenbart er nebenbei, welchen Etikettenschwindel er hier betreibt: Der Volkskanzler ist nicht der Vertreter des Volkes, sondern der, der willkürlich einen Volkswillen behauptet, um autoritär durchsetzen zu können, was ihm gefällt.

Doch zu viele Politiker anderer Parteien haben Angst vor Kickl. Warum? Natürlich: Man braucht Wähler, die er anspricht. Das trifft vor allem auf ÖVP und SPÖ zu. Und in Umfragen liegt er mit der FPÖ weit vorne. Das kann aber kein Grund sein, all die Angriffe bzw. Untergriffe und Schäbigkeiten über sich ergehen zu lassen.

Im Übrigen reicht es nicht, eine Koalition mit der FPÖ auszuschließen, wie es in sozialdemokratischer Tradition auch Babler tut oder nur eine Zusammenarbeit mit Kickl, wie es die ÖVP macht. Der Mann greift die Demokratie an. Und mit ihm tun es eifrige Helfer in den Ländern, wie Svazek oder der Oberösterreicher Manfred Haimbuchner, der darauf setzt, dass Kickl Journalisten und Islamisten „das Benehmen“ beibringen wird, sobald er Regierungschef ist.

Das gehört verurteilt und zurückgewiesen. Da ist selbstbewusstes Dagegenstellen gefragt. Das kann man sich auch leisten, ohne sich unbeliebt zu machen. Erstens: Kickl hat eine Mehrheit gegen sich. Es ist nicht nur so, dass rund 70 Prozent nicht die FPÖ wählen würden, rund 70 Prozent geben auch regelmäßig an, ihm zu misstrauen. Ähnlich viele wollen ihn nicht zum Kanzler haben. Zweitens: Hier geht es nicht mehr um Parteipolitik, sondern um Österreich und die Demokratie: Der Ruf nach eine Festung kommt dem Ruf nach einem Austritt aus der EU gleich. Kampfansagen an Andersdenkende haben in einer Demokratie nichts verloren. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Hier ist ein Demokratiegefährder am Werk.

Beschämend: Noch immer ist es in der tagespolitischen Auseinandersetzung eher nur Alexander Van der Bellen, der seine Vorbehalte gegen Kickl inhaltlich und unter Verweise auf Europa, Menschenrechte und dergleichen schlüssig begründen kann. Oder hat zum Beispiel Bundeskanzler Karl Nehmmer (ÖVP) Vergleichbares schon geliefert? Nein.

Die Kickl-FPÖ ist angreifbar. Das sieht man gerade infolge der hetzerischen Rede, die der burgenländische Klubobmann Johann Tschürtz am vergangenen Donnertag im Landtag gehalten hat. Die – migrantisch klingenden – Namen einer Volksschul-Klasse hat er vorgelesen, um dann zusammenhanglos von straffälligen Asylwerbern zu sprechen. Das wurde sogar der eigenen Bundespartei zumindest unangenehm, laut „Standard“ fand Generalsekretär Michael Schnedlitz die Namensnennungen „natürlich unnötig“ und beteuerte, dass es sich um einen „einmaligen Ausrutscher“ gehandelt habe.

Hier hat einer Grenzen überschritten in einem Land, in dem es auch FPÖ-Politiker mit migrantisch klingenden Namen gibt; in einem Land, in dem das ein Teil der Geschichte ist, geht so etwas auch für eine rechtspopulistische Partei gar nicht. Also könnte man sich umso mehr trauen, darauf hinzuweisen, dass durch Tschürtz der gesellschaftliche Friede gefährdet werde und sein Rücktritt das Mindeste wäre. Dass hier sichtbar werde, wie weit es unter Kickl schon gekommen sei.

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