Kickl will alles

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ANALYSE. Der FPÖ-Chef demütigt die Volkspartei weiter: Er macht sich nicht einmal die Mühe, darüber hinwegzutäuschen, dass er eine Art Alleinregierung anstrebt.

„Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Liebe Freunde“, begann FPÖ-Chef Herbert Kickl sein jüngstes „Wort zum Sonntag“ auf Facebook. Und: „Nicht zu vergessen natürlich auch: liebe Feinde!“

Deutlicher könnte Kickl kaum machen, dass er nicht die Absicht hat, auch nur so zu tun, als wolle er (wenn, dann) ein integrativer Kanzler werden. Also einer, der den 71 Prozent die Hand ausstreckt, die seine Partei bei der Nationalratswahl im vergangenen September nicht gewählt haben, geschweige denn all jenen, die das auch bei kommenden Urnengängen nie und nimmer tun würden, weil sie seine demokratie- und europafeindlichen Züge etwa zutiefst ablehnen.

Nein, Kickl bezeichnet sie als „Feinde“: Der Mann sucht den Konflikt, sein Geschäftsmodell ist es schließlich, mit Außenfeinden zu arbeiten. Wie es Jörg Haider schon gemacht ist: „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Es soll die eigene Anhängerschaft stärken.

Im Unterschied zu Haider, aber auch Heinz-Christian Strache frisst Kickl aber auch in dem Moment nicht Kreide, in dem sich die Chance für ihn auftut, Teil der Bundesregierung zu werden. Er ist hier nicht einmal daran interessiert, eine Grundlage für eine tragfähige Zusammenarbeit mit der ÖVP zu suchen. Im Gegenteil: Er demütigt sie weiter.

Schon bei der Einladung zu Koalitionsverhandlungen Anfang Jänner ließ er die Volkspartei wissen, sie müsse klar anerkennen, wer Wahlsieger sei und wer Juniorpartner. Botschaft: Geht auf die Knie! Das zeigt, wie er tickt. Es ist nebenbei auch absurd, weil die FPÖ prozentuell ja nicht viel stärker (oder schwächer) ist als die ÖVP.

Jetzt hat er in seinem „Wort zum Sonntag“ nachgelegt: Er verhandle mit einem „Partner“ über notwendige Verbesserungen und damit Veränderungen, „der Veränderung und Teilen nicht unbedingt gewohnt“ sei. Es brauche im Übrigen „einen ehrlichen Blick und eine ehrliche Analyse der Fehlentscheidungen“ in der Pandemie. Sprich: Wie beim Budget solle die ÖVP eingestehen, Mist gebaut zu haben.

Es ist so offensichtlich: Kickl tut alles, damit es zu keiner Partnerschaft kommen kann. Er warnt von vornherein auch, dass es Neuwahlen geben könnte. Eine Drohung: So kann nichts aus Blau-Schwarz werden. Die „Partnerschaft“ ist auf Scheitern angelegt.

Beziehungsweise: Kickl spekuliert damit, dass sich ihm die ÖVP jetzt ganz unterwirft; oder dass er sie andernfalls halt im Zuge eines Urnengangs zerquetscht. Er ist überzeugt davon, dass es mehr denn je eine Mehrheit rechts der Mitte gibt und rechts der Mitte wiederum die FPÖ bestimmender denn je ist.

Daher vermittelt er nicht nur den Eindruck, dass Österreich ein Mehrheitswahlrecht habe, er findet, dass es de facto so sei: Dass die FPÖ als stärkste Partei die ganze Regierungsmacht erhalte und er als Kanzler überhaupt eine Autorität werden könnte wie US-Präsident Donald Trump, der gerade begonnen hat, einen Staat nach eigenen Vorstellungen umzubauen.

Österreich hat natürlich kein Mehrheitswahlrecht. Bei einer führenden FPÖ und einer ÖVP, der nur noch wichtig ist, weiter mitregieren zu dürfen, koste es, was es wolle, läuft es jedoch darauf hinaus.

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