ZAHLEN ZUM TAG. Sebastian Kurz will an Zahlen gemessen werden. Diesbezüglich gibt es jedoch einen größeren Interpretationsspielraum zu seinen Gunsten.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat zum Arbeitsmarkt-Gipfel noch im September geladen. Diesbezügliche Ziele waren auch Thema im ORF-Sommergespräch, wurden zum Teil aber sehr unterschiedlich dargestellt. Drei Beispiele:
- ORF.AT schreibt: Das Ziel der Regierung sei es, die Zahl der Arbeitslosen um 100.000 – also um ein Viertel – zu senken. Auf Nachfrage nach dem zeitlichen Horizont blieb Kurz allerdings eher vage: „innerhalb der nächsten Monate bis Jahre“.
- Die Tageszeitung „Österreich“ berichtet: „Mein Ziel ist es, in den nächsten Monaten und Jahren, die Arbeitslosigkeit auf unter 300.000 zu drücken und 100.000 Arbeitsplätze zu schaffen.“
- Der „Kurier“ zitiert wiederum: „Er habe das Land mit 400.000 Arbeitslosen übernommen. Sein Ziel sei, in einem ersten Schritt 100.000 weniger zu erreichen.“
Die Varianten „ORF.AT“ und „Kurier“ können deckungsglich und so interpretiert werden, dass der Kanzler das Job-Ziel bereits erreicht hat: Ganz offensichtlich geht er von der Zahl der Arbeitslosen zu seiner Amtsübernahme im Dezember 2017 aus und rundet diese; genau genommen handelte es sich damals laut AMS-Datenbank um 378.641 Personen. Wichtiger noch aber ist: Im Juni waren es bereits um mehr als 100.000 weniger – 274.667 nämlich.
Das Problem: Die Arbeitslosigkeit ist sehr starken saisonalen Schwankungen unterworfen. Gewöhnlich (z.B. auch in der Budgetpolitik) werden daher die Jahresdurchschnittswerte verwendet. Und da schauen die Verhältnisse etwas anders aus: 2017 belief sich die Zahl der Arbeitslosen demnach auf 339.976. Und 100.000 weniger sind wie berichtet bisher nicht in Sicht; ganz im Gegenteil, nach 297.000 im kommenden Jahr ist im jüngsten Bundesfinanzrahmen für die Folge wieder eine eher steigende Tendenz angesetzt worden.
Auch die „Österreich“-Darstellung, wonach die Arbeitslosigkeit auf unter 300.000 gedrückt werden soll und 100.000 zusätzliche Jobs geschaffen werden sollen, ist nicht unerreichbar. Im Gegenteil: Im Jahresdurchschnitt gibt es möglicherweise schon 2019 ohne weiteres Zutun weniger als 300.000 Arbeitslose. Und die Zahl der Arbeitsplätze ist zuletzt schon sehr stark gestiegen: Allein von 2016 auf 2017 – ebenfalls im Jahresschnitt – um 68.425, so die AMS-Datenbank.
>> dieSubstanz.at zur Politik bekommen Sie auch per Mail. Regelmäßig. Gratis >> Zum Newsletter