ANALYSE. Warum es gut ist, wenn auf das Don’t-Smoke-Volksbegehren keine Volksabstimmung folgt: Das wäre der Einstieg in eine direkte Demokratie, wie sie sich in diesem Land nur Rechtspopulisten wünschen können.
Hin und wieder muss man sich wundern. In diesem Fall aber ausnahmsweise nicht über Freiheitliche, sondern über die vielen Appelle an deren Obmann, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, doch ein Auge zuzudrücken und auf das Don’t-Smoke-Volksbegehren eine („verbindliche“) Volksabstimmung folgen zu lassen. Man muss ihm fast schon dankbar sein, dass er sich (bisher) nicht bereit dazu erklärt: Die Volksabstimmung wäre der Einstieg in eine direkte Demokratie, die unter den gegebenen Umständen sehr, sehr gefährlich werden würde.
Ab 900.000 Unterschriften für das Volksbegehren zum Rauchverbot in Lokalen hätte sich Strache breitschlagen lassen, eine Volksabstimmung zu initiieren. Aber leider, es wurden halt „nur“ 881.569 Unterschriften. Knapp daneben. Wobei Strache hämisch anmerkt, dass gut 85 Prozent der Wahlberichtigen nicht unterschrieben hätten. Sehr lustig: Ist ihm bewusst, dass bei der vergangenen Nationalratswahl knapp 80 Prozent nicht FPÖ gewählt haben? Doch das ist eine andere Geschichte.
Direkte Demokratie klingt gut. Vor allem in diesem Fall. Würde sich Strache aber bereit erklären, eine Volksabstimmung durchzuführen, wäre nicht mehr abwendbar, was sich die Regierung fürs Ende der Legislaturperiode vorgenommen hat; ein Automatismus von Volksbegehren zu -abstimmung nämlich. So aber gibt es zumindest noch ein bisschen Hoffnung, dass das nicht kommt.
Man stelle sich vor, die FPÖ initiiert ein „Volksbegehren gegen jegliche Zuwanderung“. Gemeinsam mit dem Boulevard wäre sie erfolgreich.
Das Problem ist nämlich das Folgende: Direkte Demokratie kann nur funktionieren, wenn z.B. faire „Wettbewerbsverhältnisse“ für alle Gruppen der Gesellschaft gewährleistet sind. Und wenn in ihren Reihen, aber auch denen der wirkungsstarken Medien, eine gewisse Verantwortungskultur gepflegt wird.
All das ist in Österreich nicht gegeben; und zwar bei weitem nicht:
- Parteien haben außergewöhnlich viele Möglichkeiten. Grundsätzlich aufgrund einer weltweit so ziemlich am höchsten Förderung. Und in der Regierung, wenn sie sich indirekt auch noch Steuergeldern für Inseratenkampagnen in ihrem Sinne bedienen können. Das muss man in einer solchen Deutlichkeit aussprechen; man sollte nicht naiv sein, was diesen Missbrauch angeht.
- Andere Gruppen werden dagegen diskriminiert. Und zwar zunehmend: Während bei Parteien im Übrigen weder alle Zuwendungen, geschweige denn Mitgliederlisten veröffentlicht werden müssen, soll letzteres künftig bei NGOs vorgeschrieben werden, die sich bei einem Umweltverfahren engagieren wollen. Das ist bezeichnend benachteiligend für sie.
- Wer ein erfolgreiches Volksbegehren durchführen will, muss sich auch Gehör verschaffen können. Parteien fällt dies aufgrund der vorgenannten Gründe leichter.
- Zudem wäre es eben wichtig, dass eine gewisse Verantwortungskultur vorhanden ist – und ganz und gar kein hemmungsloser Populismus. Für einen solchen hat jede Partei, ganz besonders aber die FPÖ eine gewisse Anfälligkeit. Man stelle sich vor, sie greift einen Punkt aus ihrem Wahlprogramm heraus und initiiert ein „Volksbegehren gegen jegliche Zuwanderung“: Sie hätte verdammt gute Chancen, auf mehr als 900.000 Unterschriften zu kommen; zumal sie allein schon mehr Wähler hat. Damit hätte sie eine Volksabstimmung – mit entsprechender Kampagne – erreicht. Und zwar fix.
- Zumal die FPÖ in solchen Fragen eine Allianz mit dem inseratengefütterten Boulevard pflegt, der ihre Anliegen in einem Ausmaß verstärken kann, dass alle übrigen Medien nicht einmal wahrgenommen werden.
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