Grüne in Not

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ANALYSE. Die Casinos-Affäre macht deutlich, dass die Partei von Werner Kogler eine Regierungsbeteiligung nur schwer überstehen könnte.

Inhaltlich ließe sich Türkis-Grün ja vielleicht noch irgendwie hinbekommen: Die ÖVP konzentriert sich auf die Bewältigung der Wirtschaftsflaute und die Grünen dürfen sich beim Klimaschutz austoben; inklusive steuerlicher Maßnahmen, die durch neue Förderungen so weit abgefedert werden, dass auch die Pendler aus dem Waldviertel nicht draufzahlen am Ende des Tages.

Schwieriger würde es eher bei grundsätzlichen Fragen werden. In der Kultur- und Gesellschaftspolitik beispielsweise. Aber auch das ließe sich bewältigen: ÖVP und Grüne haben allein schon bei den bisherigen Sondierungen deutlich gemacht, dass sie gewissermaßen über den Dingen stehen können.

Die größte Hürde für Türkis-Grün ist eine ganz andere. Sie wird im Zuge der Casinos-Affäre deutlich: In Österreich ist es üblich, dass es sich die, die es sich parteipolitisch richten könnten, parteipolitisch richten. Das heißt unter anderem Gefälligkeiten gegenüber Dritten sowie Postenbesetzungen in Ministerien, nachgeordneten Dienststellen und hunderten Unternehmen.

Dieses System ist über Jahrzehnte rot-schwarz gewachsen und zuletzt türkis und ein bisschen blau geworden. Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat aber ganz schön kämpfen müssen, damit die Freiheitlichen auch zum Zug kommen dürfen, wie die verzweifelten Whatsapp-Nachrichten von ihm vermitteln (ÖVP-Obmann Sebastian Kurz wolle z.B. nichts von entsprechenden Vereinbarungen wissen, klagte er demnach).

Das ist den Grünen eine Warnung. Auch wenn sie es ganz anders anlegen und Transparenz und Offenheit bei allen möglichen Personalentscheidungen praktizieren wollten. Ihr Problem dabei wäre, dass sie damit de facto die ganze Macht der ÖVP allein überlassen würden.

Um zu verstehen, was damit gemeint ist, muss man sich die Dimensionen vor Augen führen, um die es geht: Die Grünen haben heute schon zu tun, auf die Schnelle einen Parlamentsklub mit qualifiziertem Personal zusammenstellen, das sie brauchen, um z.B. über Detailfragen des Strafrechts mitreden zu können. Im Falle einer Regierungsbeteiligung bräuchten sie noch einmal – sagen wir – 20, 30 loyale Fachleute pro Ministerium, das sie übernehmen.

Und dann würde es erst los gehen: Laut Rechnungshof unterliegen – exkl. Casinos und ein paar anderer – 403 Unternehmen seiner Kontrolle, sind also (teil-)staatlich (Stand 2016). In diesen 403 Unternehmen gibt es 1642 Aufsichtsrats- und 653 Vorstandsmitglieder, die – seien wir nicht naiv – zu einem beträchtlichen Teil politisch zuordenbar sind.

Die Grünen werden sich da schwer tun. Sie haben (theoretisch) zwei Möglichkeiten: Sie könnten die gelebte Praxis übernehmen, bei jeder Gelegenheit Parteigänger zum Zug kommen zu lassen; abgesehen davon, dass sie gar nicht so viele haben, würden sie sich damit jedoch unglaubwürdig machen. Oder sie verlangen von der ÖVP eine neue, saubere Praxis.

Ob sich Sebastian Kurz darauf einlässt, ist jedoch fraglich: Es würde bedeuten, dass die neue Volkspartei, die gerade einen ziemlich großen Wahlsieg eingefahren hat, auf Kosten auch ihrer Landes- und Bündeorganisationen einen Machtverlust hinnehmen müsste, wie er seinesgleichen sucht – sie könnte all die Einrichtungen und Unternehmen mit den tausenden Posten nicht mehr so behandeln, als würde es sich um Teile von ihr handeln.

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