Gegen NGOs

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ANALYSE. Wer mit kritischen Medien ein Problem hat, hat ein solches auch mit lästigen Nicht-Regierungsorganisationen. Über den Kampf, den insbesondere Freiheitliche führen gegen diese.

Österreich stürzt in einem internationalen Klimaranking ab – und was sagt der Umweltminister? Man müsse „die Kirche im Dorf lassen“ und den Bericht „richtig“ lesen, so Norbert Totschnig (ÖVP): „Der Index ist im Wesentlichen eine politische Bewertung von europäischen NGOs, das ist sehr durchschaubar.“

Ein klassischer Versuch der Delegitimierung: Totschnig geht nicht etwa auf den Inhalt ein, wonach man zwar einen hohen Anteil an Erneuerbaren und einen positiven Emissionstrend aufweise, aber bei nationaler und internationaler Klimapolitik verloren habe; nein, er tut so, als hätten die 450 Expertinnen und Experten, die sich an der Erstellung des Rankings vom New Climate Institut Action Network und der Nichtregierungsorganisation Germanwatch Österreich gezielt schlechter bewertet. Eine böswillige Unterstellung, die der Tiroler durch nichts belegen kann. Ein klassischer Versuch der Delegitimierung eben.

Es entspricht einem Trend: Ganz vorne stehen autoritäre Parteien und Politiker. Ist ja logisch: Sie behaupten zwar, einem „Volkswillen“ gerecht zu werden, unterbinden aber alles, was von Teilen der Öffentlichkeit ausgeht, lästig ist und von ihnen nicht kontrolliert werden kann. Dazu zählen Medien genauso wie eben Nicht-Regierungsorganisationen, also NGOs. In Ungarn geht Ministerpräsident Viktor Orban mit Transparenzgesetzen gegen beide vor. Vorwurf: Sie würden ausländische Quellen zur Beeinflussung des öffentlichen Lebens im Land nützen und damit dessen Souveränität gefährden.

In Österreich agitiert die FPÖ unter Führung von Herbert Kickl gegen Medien, denen er jegliche Glaubwürdigkeit abspricht, genauso wie gegen Nichtregierungsorganisationen. Ähnlich wie Totschnig auf das erwähnte Ranking, reagierte jüngst der freiheitliche Umweltsprecher Thomas Spalt auf einen Klimasachstandsbericht: Dessen wissenschaftliche Unabhängig sei „hinsichtlich des Einflusses von NGOs mit einschlägiger politischer Agenda höchst hinterfragenswert“, so Spalt.

Motive, gegen NGOs vorzugehen, werden recht offen kommuniziert: Frei nach FPÖ-Generalsekretär und Heimatschutzsprecher Michael Schnedlitz stören sie nicht nur Klimawandelleugnung, sondern zum Beispiel auch das, was er und seinesgleichen unter einer harten Asyl- und Abschiebepolitik verstehen. Also „müssen“ sie bekämpft werden. Wer sich in den Weg stellt, muss bestraft werden – soll kein Steuergeld mehr erhalten.

In ihrem Wahlprogramm hat die FPÖ behauptet, dass NGOs „in immer höherem Ausmaß den öffentlichen Diskus beeinflussen“ würden. Und wenn? Letzten Endes bestimmend ist hierzulande ohnehin sie selbst; Türkise und zunehmend auch Rote richten sich nach ihr aus. Beispiel Stopp des Familiennachzugs für Asylberechtigte, Beispiel Kopftuchverbot. Oder eben Relativierung von Klimazielen, wie sie vom Umweltminister betrieben wird.

Umso weniger hätte die FPÖ Grund, in NGOs ein Problem zu sehen. Sie tut es aber und will ihnen finanziell zusetzen: Gefordert seien Transparenzbestimmungen „analog zum Parteiengesetz“, sagt sie. Es ist entlarvend: Zumal sie zugleich ja auch öffentliche Förderungen streichen würde, würde es um rein private Mittel gehen. Auf dass mit den Organisationen auch Spender, also etwa Bürger, Gefahr laufen würden, ins Visier von Kickl und Co. zu geraten.

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