Frau Kurz

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ANALYSE. Integrationsministern Plakolm gilt als Zukunftshoffnung der ÖVP: Sie zeigt Härte in der Migrationspolitik und tritt zu einem Kulturkampf an.

In der ORF-Pressestunde hat Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) gerade überrascht. Sie sei eher Vertreterin eines liberalen Kurses, sagte sie und würde sich daher freuen, wenn der Weg von Papst Franziskus von seinem Nachfolger fortgesetzt wird.

Kann das sein? Oder gibt sie vielleicht einfach nur etwas vor?

Die Härte, die sie in Migrationsfragen zeigt, entspricht so gar nicht dem, was Franziskus gepredigt hat. „Wir brauchen eine neue Haltung“, sagte er einmal: „Die Geschwister, die an unsere Tür klopfen, verdienen Liebe, Aufnahme und Fürsorge.“ Plakolm dagegen verteidigt den Stopp des Familiennachzugs für Asylberechtigte mit der Begründung, dass Österreich für die Trennung der Familien nicht verantwortlich sei; schließlich hätten sich die Väter allein auf den Weg gemacht.

Na dann: Nach dieser „Logik“ könnte man sich über so vieles hinwegsetzen: Was kann Österreich dafür, dass Menschen in fernen Ländern übel behandelt werden? Oder: Was kümmert Österreich das Recht auf Familie, ein zentrales Menschenrecht?

Franziskus lag es auch fern, das Christentum über andere Religionen zu stellen. „Abgrenzung ja, aber in Beziehung“, lautete eine seiner Devisen im Umgang mit dem Islam etwa. Plakolm dagegen tritt für ein „selbstbewusstes Christentum“ ein. Nicht als Privatperson wohlgemerkt, sondern als Regierungsmitglied und Kultusministerin.

Die Argumentationskette, die sie dazu liefert: Acht von zehn gläubigen Menschen in Österreich seien Christen. Ja, mag schon sein, dass das bewusste Feiern weniger geworden sei, aber das unbewusste sei bedeutend geblieben. Gepflegte Traditionen und Brauchtümer würden schließlich einfach auf dem Christentum, aber auch dem Judentum fußen. Daher könne es auch keine falsch verstandene Toleranz geben. Eine solche wäre es, das Kreuz aus den Klassenzimmern zu entfernen.

Das ist alles haarsträubend bis diffus. Plakolm beschränkt sich bei den acht von zehn Menschen in Österreich eben auf Gläubige und „vergisst“ damit das Viertel, das bereits konfessionslos ist und damit nicht mehr vernachlässigt werden kann. Wobei der Staat sowieso einen ganz anderen Zugang haben sollte: Alle Bürger seien gleich, lautet Verfassungsartikel 7, Vorrechte unter anderem „des Bekenntnisses sind ausgeschlossen“. Darum geht’s.

Diesem Geist widerspricht die Ministerin, deren Aufgabe es wäre, zu gewährleisten, dass jeder – salopp formuliert – glauben oder eben nicht glauben kann, was er will; dass die Grenze die Freiheit des anderen ist. Plakolm wird das natürlich wissen. Ihr geht es hier aber nicht um Religion, sondern um einen Kulturkampf. Wie einst schon FPÖ-Mann Ewald Stadler von einem wehrhaften Christentum geredet hat, spricht sie von einem selbstbewussten, das vor allem den Zweck hat, dem Islam entgegenzutreten. Sie will Wählern einreden, dass das, was sie unter Werten verstehen, durch diesen gefährdet werde und ihnen gleichzeitig signalisieren, dass man es eh verteidige.

Sebastian Kurz hätte es kaum anders oder in den Augen Türkiser besser gemacht. Vielleicht gilt Plakolm daher als Zukunftshoffnung in der Volkspartei. Zumal mehr und mehr klar wird, dass Christian Stocker zwar einen soliden Job macht, aber keinen, der dazu angetan ist, die ÖVP nach vorne und die FPÖ von Herbert Kickl auf unter 20 Prozent zu bringen.

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