ANALYSE. Der Politik mangelt es weder an Geld noch Ideen, sondern an Leuten, die sich um das Entscheidende bemühen: Mehrheiten.
Mindestens 22.869.006 Euro hat sich Frank Stronach den Ausflug in die österreichische Politik kosten lassen. Diese Summe ist jedenfalls der Spendenliste zu entnehmen, die der Rechnungshof führt. Vier Jahre lang hat der 83-Jährige versucht, Land und Leuten klar zu machen, dass es auf die Wirtschaft ankomme und man nur das Notwendige tun müsse, um weiterzukommen. Der Erfolg war bescheiden: Hatte er vor der Nationalratswahl 2013 noch davon geträumt, das Ende der ehemaligen Großparteien besiegeln zu können, so musste er sich ebendort mit gerade einmal 5,7 Prozent oder elf Mandaten begnügen; nach diversen Abgängen übrig geblieben sind aktuell überhaupt nur sechs davon.
Doch weil der Austrokanadier eine Pleite nicht also solche bezeichnen kann, versuchte er es nun mit einem Ablenkungsmanöver: Das Team Stronach ist für ihn zwar erledigt, er hat aber eine neue Organisation namens „Vision Österreich“ angekündigt; auch sie soll zeigen, wohin sich die Alpenrepublik entwickeln müsste.
Frank Stronach demonstriert damit einmal mehr, dass er von Politik nichts verstanden hat: Österreichs Parteien mangelt es weder an Geld noch Ideen; ersteres ist durch – im internationalen Vergleich extrem – hohe Förderungen mehr als genug vorhanden, letztere durch unzählige Arbeitsgruppen, die über die Jahrzehnte zusammengekommen sind. Zur Lösung jedes Problems müsste nur eine Schublade aufgemacht und ein fix-fertiges Reformkonzept herausgezogen werden.
Was fehlt, ist kein Frank Stronach. Es gibt vielmehr zu wenige Leute, die sich darum bemühen, Mehrheiten für Beschlüsse auf parlamentarischer Ebene zu schmieden (oder die zumindest bereit sind, sich dafür gewinnen zu lassen); die also im besten Sinne des Wortes Politik machen, was hierzulande eine außerordentliche Kunst ist, gilt es allzu oft doch auch, Sozialpartner und Ländervertreter miteinzubeziehen.
Über sie kann man schimpfen, wie es auch Stronach immer wieder getan hat; über sie kann man sich maßlos ärgern, wie es wohl jeder Beobachter einmal tut. Reformen werden aber nie ganz gegen sie möglich sein; zu viele Abgeordnete stellen sie. Also wird mit der Brechstande gar nichts gehen, sondern nur in mühevoller, hartnäckiger Kleinarbeit, die Frank Stronachs Sache so ganz und gar nicht ist.