Einfach Kickl

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ANALYSE. Bei den Koalitionsverhandlungen hat es der FPÖ-Chef verabsäumt, Kompromissfähigkeit zu demonstrieren. Jetzt lehnt er eine neue Regierung ab, noch ehe sie steht.

Man sollte nicht so mir nichts, dir nichts feststellen, dass Herbert Kickl immer mehr Fehler mache. Beispiel: Es gibt Leute, die sich wundern, dass er die Chance, Kanzler zu werden und sich mit der Volkspartei auf eine Zusammenarbeit zu verständigen, vermasselt hat. Vielleicht kann, ja will er nicht anders? Seine Masche ist immerhin, den Eindruck zur vermitteln, dass er allein wisse, was „das Volk“ wolle; und dass alle anderen „Verräter“ seien. Damit gewinnt er gerade in Zeiten sehr viel Zuspruch, in denen nicht wenige Menschen glauben, dass Regierende jegliches Verständnis für ihre Sorgen und Nöte verloren hätten.

Vor allem aber ist es in Verbindung mit einem autoritären Machtverständnis zu sehen: Indem sich Kickl anmaßt, das vermeintlich einzig Richtige für die Menschheit vorzuhaben, versucht er auch, sein Tun geradezu absolut zu legitimieren.

Wie, bitte, soll ein solcher FPÖ-Chef eine Koalition eingehen können? Es ist unmöglich, sofern der Partner nicht bereit ist, sich ganz zu unterwerfen. Das wiederum scheint spät, aber doch, auch bei den Schwarzen um Christian Stocker gesickert zu sein, sodass sie die Verhandlungen mit Kickl Anfang Februar abbrachen.

Hat Kickl jetzt gewonnen oder verloren? Sagen wir so: Er ist ein Risiko eingegangen. Er kann nicht einmal davon ausgehen, dass alle FPÖ-Wähler finden, dass er allein das Sagen haben sollte. Er muss damit rechnen, dass auch unter FPÖ-Wählern die Überzeugung vorhanden ist, dass man sich aufgrund des Verhältniswahlrechts halt mit einer anderen Partei arrangieren muss. Dass man sonst nie Kanzler werden kann.

Insofern hat es Kickl verabsäumt, bei den Verhandlungen mit der ÖVP auch nur Kompromissfähigkeit zu demonstrieren: Es ist nie der Eindruck entstanden, dass er der Volkspartei etwas Wesentliches zugestehen würde. So nach dem Motto: „Das Beste aus zwei Welten.“

Ob er das sieht? Schwer zu sagen, er ist schon weiter. Gerade hat er die absurde Behauptung aufgestellt, eine schwarz-rot-pinke Koalition wäre durch die Bevölkerung kaum legitimiert, es handle sich um eine „Demokratiekrise“, die „brandgefährlich“ sei. Erstens: Eine solche Krise würde einer auslösen, der sich anmaßt „Volkskanzler“ zu sein. Zweitens: ÖVP, SPÖ und Neos haben zusammen mehr Wähler als FPÖ und ÖVP. Insofern ist ihr Tun stärker legitimiert.

Doch Kickl kündigt auch schon an, im Nationalrat einen Neuwahlantrag einzubringen. Das ist ungefähr so wie in Bezug auf die fehlende Kompromissfähigkeit bei den Regierungsverhandlungen: Er tut sich damit bei weitem nicht nur Gutes. Er macht sich vielmehr unglaubwürdig.

Es gibt keine Begründung für einen solchen Antrag: ÖVP, SPÖ und Neos haben zum Zeitpunkt seiner Ankündigung durch den FPÖ-Chef noch nicht einmal ihre Verhandlungen abgeschlossen, also nichts vorgelegt, was sich ablehnen lassen würde. Insofern ist die Vorgehensweise auch entlarvend: Kickl kann nur „Nein“ sagen, ganz egal, ob, geschweige denn was politische Mitbewerber liefern.

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