KOMMENTAR. Wien Energie: Für die SPÖ rächt sich, nur Pflaster auf einen offenen Rippenbruch geklebt zu haben.
Seit Wochen, ja Monaten, versucht Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ), sich nach längerer Zurückhaltung wieder an der politischen Auseinandersetzung zu beteiligen. Manche behaupten, er wolle sich wichtig machen, andere unterstellen ihm, an einem Comeback zu arbeiten. Fakt ist, dass einer wie er der Sozialdemokratie fehlt.
Zur Antiteuerungspolitik im Allgemeinen und zu den Energiepreise im Besonderen erklärte der 56-Jährige kürzlich in einem ZIB2-Interveiw: „Wir kleben Pflaster auf einen offenen Rippenbruch.“ Damit kann er nicht nur die Regierung gemeint haben. Schaut man das „5-Punkte-Gesamtpaket der SPÖ zur Preissenkung“ an, könnte es auch dazu passen: Es reicht von einer Spritpreisobergrenze über einen Preisdeckel für Gas und Strom bis zur Abschöpfung von Milliarden-Übergewinnen von Energiekonzernen (in den Punkten zwei und vier werden Begrenzungen für Lebensmittelpreise und Mieten verlangt).
Der Titel „Gesamtpaket“ ist entlarvend: Am System, das „uns“ laut Kern „um die Ohren fliegt“, würde sich nichts ändern. Selbst wenn alles bereits umgesetzt wäre, wäre „Wien Energie“ in eine finanzielle Notlage geraten. Grund: Pamela Rendi-Wagner und ihre aktiven Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben sich zu sehr auf die wahrnehmbaren Preise beschränkt, sind nicht aber darauf eingegangen, wie diese zustandekommen. Sie haben als Konsequenz daraus in ihrem „Gesamtpaket“ denn auch nicht etwa, wie Kern, gefordert, die Liberalisierung bei Grundbedürfnissen zu beenden – und zwar sowohl bei Energie als auch bei Nahrungsmitteln.
Einen solchen Eingriff in die Marktwirtschaft kann man begrüßen oder auch ablehnen. Entscheidend ist, dass es sich um einen Standpunkt handelt, der versucht, ein Problem an der Wurzel anzupacken und einem sozialdemokratischen Zugang umfassend gerecht zu werden.
Darum geht es: Rufe, wie „Preise runter“, und Forderungen, wie Steuern senken, reichen nicht. Notwendig sind substanzielle Ansätze, über die man streiten und zwischen denen man wählen kann. Sonst bleibt Politik ein eigenes Problem, das sich nicht einmal bemüht um eine echte Bewältigung der Krise.
Anders ausgedrückt: Sofern es nach der Geschichte mit der „Wien Energie“ nicht zu spät ist, würde sich die SPÖ Gutes tun, einen wie Kern zu engagieren und sich beraten zu lassen von diesem. Es muss ja nicht Christian Kern sein, wenn sie sich schwertut, ihn auch nur für eine solche Funktion zurückzuholen.
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