Drexler-Malus

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ANALYSE. Die Regierungsbildung auf Bundesebene hatte selbstverständlich Einfluss auf die Wahl in der Steiermark. Der Absturz der ÖVP hatte aber schon auch mit ihrem Chef, dem Landeshauptmann, zu tun.

„Ich habe alles gegeben. Meine Familie hat alles gegeben. Ich bin meinem Team so dankbar“, sagte Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP), nachdem das Debakel festgestanden war: Seine Partei ist von 36 auf knapp 27 Prozent eingebrochen und klar hinter der FPÖ (rund 35 Prozent) zurückgeblieben. Erklärungen? „Ich komme mir wie das Bauernopfer der Republik vor“, so Drexler. Die Bundespolitik habe bei dieser Wahl so durchgeschlagen wie noch nie. Die Entscheidungen rund um die Regierungsbildung seien als unfair bewertet worden. Tatsächlich: Das ist ganz offensichtlich so. Möglicherweise wäre die ÖVP aber auch sonst von der FPÖ überholt worden. Unter anderem aufgrund des „Drexler-Malus“, auf den es ebenfalls belastbare Hinweise gibt.

Seit gut einem Jahr gibt es Umfragen, die die FPÖ in der Steiermark auf Platz eins sehen. Wichtiger: Mehr als die rund 27 Prozent sind der ÖVP nie ausgewiesen worden. Das zeigt eine Ergebnisliste auf der Seite „Politpro“. Genauer: Vor einer Woche lag sie bei 27 Prozent. Vor einem Monat bei 26, vor neun Monaten bei 23 und vor zehn Monaten bei 20 Prozent. Insofern könnte man sogar sagen, die Regierungsverhandlungen auf Bundesebene hätten der Volkspartei in der Steiermark genützt. Das aber wäre nicht nur übertrieben, sondern Unsinn.

Drexler hat als Landeshauptmann ganz offensichtlich keinen „Amtsinhaberbonus“ aufbauen können. Wenn es eine Direktwahl gegeben hätte, hätte er sich FPÖ-Mann Mario Kunasek geschlagen geben müssen. Das berichtete das Sozialforschungsinstitut „Foresight“ nach einer Erhebung vor einer Woche. Vergleichbares gibt es selten. Wahrscheinlich muss man zurückgeben bis zu Franz Schausberger und Waltraud Klasnic, die es in den 2000er Jahren in Salzburg und in der Steiermark geschafft haben, für die ÖVP die Funktion des Landeshauptmannes bzw. der Landeshauptfrau zu verlieren. (Franz Voves hat der ÖVP die Funktion in der Steiermark 2015 als Vertreter der noch immer stärkeren Partei überlassen. Und Gerhard Dörfler hat in Kärnten einst überhaupt eine untergehende Partie geführt.)

In Vorarlberg hat es Markus Wallner bei der dortigen Landtagswahl Mitte Oktober geschafft, der ÖVP trotz Verlusten die Führung im Land zu erhalten und sich selbst das Amt. Er hat trotz Wirtschaftsbundaffäre einen solchen Bonus, dass er der Partei Stimmen brachte. Als Motiv, die ÖVP zu wählen, gaben im „Ländle“ jedenfalls 25 Prozent die Antwortmöglichkeit „Spitzenkandidat“, also Wallner, an. In der Steiermark hat es sich nun bei der ÖVP und in Bezug auf Drexler um sechs Prozent gehandelt. Das ergaben Wahltagsbefragungen von „Foresight“ im Auftrag des ORF.

Screenshot

Der Lauf der Regierungsbildung auf Bundesebene hatte mit Sicherheit auch Einfluss auf den Wahlausgang in der Steiermark. Er war aber bei weitem nicht alleinentscheidend, sondern verstärkend. Das ist ein Unterschied, über den Drexlers Selbstbezeichnung als „Bauernopfer“ hinwegtäuscht.

Laut Wahltagsbefragung sehen in der Steiermark gerade einmal 27 Prozent die Koalitionsverhandlungen in Wien mit Zuversicht, 32 Prozent mir Sorge und 31 Prozent mit Ärger. Das sind verheerende Werte. (Bei der Vorarlberg-Wahl wurde diese Frage noch nicht gestellt, lag noch kein Regierungsbildungsauftrag vor.)

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