Doskozil, ein großes Ich

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ANALYSE. Der burgenländische Landeshauptmann macht bei Andreas Babler dort weiter, wo er bei Rendi-Wagner aufgehört hat. Das hat nicht nur mit diesen zu tun, es hängt vor allem mit seiner Persönlichkeit zusammen.

Ich, ich, ich. Im „Kurier“ vom vergangenen Sonntag erschien ein ganzseitiges Interview mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), und darin kam er immer wieder auf sich selbst zu sprechen. Schon auf die erste Frage, obwohl diese nicht lautete, wie es ihm persönlich damit gehe, dass Norbert Darabos der fünfte SPÖ-Listenplatz bei der EU-Wahl verwehrt geblieben ist, sondern wie sehr das das Burgenland treffe. „Ich will nicht beleidigt klingen, wir sind auch nicht beleidigt“, antwortete er: „Aber nicht nur ich, sondern auch unser gesamter Landesparteivorstand und viele darüber hinaus empfinden das als nicht fair.“

Oder in Bezug auf sein Verhältnis zum Wiener Bürgermeister Michael Ludwig: „Ich will gar nicht zu viel hineininterpretieren. Ich will aber auch nichts beschönigen“, so Doskozil, um dann tief blicken zu lassen: Er habe den Eindruck, dass hier eine Talsohle derzeit nicht durchschritten werden könne.

Ein Sozialdemokrat hat einmal gemeint, Doskozil könnte besänftigt werden, wenn man ihn einbinden würde. Das war unter Pamela Rendi-Wagner. Es ist jedoch naiv, zu glauben, dass es ihm nur darum gehe, eine wichtige Rolle zu spielen. Er kann nur die entscheidende Rolle spielen. Einer unter Gleichen oder Zweiter sein, geht nicht.

Als er auf dem Bundesparteitag im Juni zunächst als neuer Vorsitzender auftrat, hatte er die Größe, Andreas Babler auf die Bühne zu bitten und halbherzig, aber doch zu umarmen. Nachdem das Ergebnis korrigiert worden war, tauchte er ab und blieb für Babler unerreichbar.

Es ist nicht so, dass der Burgenländer politisch nichts drauf hat. Im ländlichen Burgenland ist er mit seinem Sozialpopulismus und seinem rechten Kurs in der Migrationspolitik sogar sehr erfolgreich. Mehr und mehr muss man jedoch bezweifeln, dass er sich auch auf Bundesebene behaupten könnte. Mehr und mehr spricht dafür, dass er sich da selbst im Weg stehen würde, weil er die täglichen Widerstände, die es hier in einer unvergleichbaren Dichte gibt, als Person nur schwer ertragen würde.

Um noch einmal zum „Kurier“-Interview bzw. den eingangs erwähnten Antworten zurückzukommen: Es sagt schon sehr viel aus über einen Politiker, wenn er sich in Zeiten multipler Krisen so ausführlich zu seiner Befindlichkeit äußert. Wenn er auf die Frage nach dem Listenplatz nicht erklärt, dass das intern zu klären sei, es ihm gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit viel wichtiger sei, über die Zukunft Österreichs und Europas zu sprechen. Ober dass er zu seinem Verhältnis zu Ludwig nicht sagt, dass er über solchen Dingen stehe und derlei belanglos sei – was es für die Sorgen, Nöte und Lebensverhältnisse von 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ja auch ist.

Das Ganze erinnert stark an Sebastian Kurz, der auch eher immer in eigener Sache unterwegs ist. Ganz egal, was in der Welt passiert. Kurz ist über sich selbst gestolpert. Aber Doskozil? Sein „Glück“ ist, dass nach Rendi-Wagner auch Babler nicht weiß, wie er mit ihm umgehen soll. Dass er lieber beschwichtigt und so tut, als gebe es kein Problem. Dabei ist das Problem, dass gefühlt rund 50 Prozent der Schlagzeilen zur SPÖ Doskozil und Krach mit der (jeweiligen) Bundesparteispitze zum Gegenstand haben.

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