Dornauer wird der SPÖ nicht fehlen

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ANALYSE. Was aber ist sie ohne die „Ich AG“? Der Zustand in Tirol und darüber hinaus ist alarmierend für die Partei.

SPÖ-Chef Andreas Babler muss nicht ernst nehmen, was der gekränkte Tiroler Ex-Landeshauptmann-Stellvertreter Georg Dornauer, den die dortigen Genossen aus der Partei ausgeschlossen haben, gesagt hat. Dornauer ist nicht glaubwürdig: In eigener Sache zu protzen, mit dem schwarzen Ferrari der Freundin durchs Land fahren und sich zwischendurch als Vertreter des kleinen Mannes und der kleinen Frau zu geben, ist nicht stimmig. Über sich selbst zu behaupten, „überall im Land viel Zuspruch“ zu erhalten, ist wiederum irritierend: Hier tut einer so als werde er geliebt.

Dass die Umfragewerte der Bundes-SPÖ und von Babler desaströs sind, wie er behauptet, ist korrekt. Von einem linkslinken Kurs kann jedoch keine Rede sein: Linksklinke der SPÖ könnten sich viel eher Sorgen machen: Seit geraumer Zeit werden Regierungsgeschäfte erledigt, gehen Babler und seine Leute mit Akzenten sparsam um.

Die Vermögenssteuer ist vorerst kein Thema. Auch um die Kindergrundsicherung ist es ruhig geworden. Es gibt auch keinen inszenierten Koalitionskrach, um sich selbst einmal zu profilieren. Die Devise lautet: Jetzt wird Politik mit ÖVP und Neos gemacht und Punkt.

Dornauer wird der SPÖ nicht fehlen. Sollte er glauben, gemeinsame Sache mit der FPÖ machen zu müssen, wie der Boulevard berichtet, bestätigt er dies. Umgekehrt aber ist ernüchternd für die Partei, was in Tirol jetzt ist.

Das Sozialforschungsinstitut „Foresight“ hat für den ORF im Sommer eine Umfrage durchgeführt. Ergebnis: Die Sozialdemokratie unter nunmehriger Führung von Philip Wohlgemuth müsste sich mit elf Prozent begnügen. Die FPÖ würde mit 29 Prozent nahe an die ÖVP (32 Prozent) herankommen.

Schon klar, was bei einem solchen Ergebnis passieren würde: Anstelle der SPÖ würde die FPÖ Juniorpartnerin der Volkspartei werden. Die SPÖ müsste befürchten, wie in Vorarlberg längerfristig schier bedeutungslos zu werden. Auch in Salzburg, wo sie 2023 auf weniger als 20 Prozent abrutschte, ist sie auf dem besten Weg dorthin: Vor einem Jahr ist David Egger als Landesvorsitzender zurückgetreten. Seither gibt es keinen Nachfolger.

Darüber hinaus fällt, wenn man Wien und das Burgenland weglässt, auf, dass Sozialdemokraten auf der Suche sind: In Oberösterreich schauen sie, ob sie als wirtschaftsfreundliche Partei in der Mitte punkten können, in der Steiermark und in Kärnten sind ihnen mit Blick auf freiheitliche Wahlerfolge harte Akzente in der Zuwanderungs- und Integrationspolitik wichtig. Wien und das Burgenland wissen am ehesten, was sie für sich wollen; es ist Unterschiedliches.

Sofern Babler „einzementiert“ ist, wie Dornauer behauptet, ist er das allenfalls, weil er sich mit Michael Ludwig und Gewerkschaftern, die am Zustandekommen der schwarz-rot-pinken Regierung mitgewirkt haben, arrangiert hat. Und weil es abseits davon weder eine länderübergreifende Bewegung für noch gegen ihn gibt, ja geben kann: Wie soll das zum Beispiel bei einer führungslosen Salzburger Landesorganisation gehen? Oder bei den Oberösterreichern, Steirern und Kärntnern, die dabei sind, sich neu aufzustellen, also mit sich selbst beschäftigt sind?

Weil das aber vor allem auch mit Schwächen zu tun hat, ist es alarmierend für Babler und die Sozialdemokratie insgesamt: Es ist unklar wie noch nie, was sie vom Boden- bis zum Neusiedlersee auch von ihrem Selbstverständnis her ausmacht. Zunehmend droht sie da und dort in ländlichen Regionen gar zu verschwinden.

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