ANALYSE. Der Tiroler hat zurücktreten müssen. Von außen schwer zu glauben, aber wahr: Er ist als Politiker auch auf sehr viel Zuspruch gestoßen. Vielleicht gerade wegen seines Macho-Gehabes.
Den Porsche hat er mit offenem Fenster und einem geladenen Jagdgewehr auf der Rückbank beim Flughafen abgestellt. Über eine Landesrätin hat er einmal gesagt, er wolle sie sich „nicht in der Horizontalen“ vorstellen. Seit einiger Zeit ist er mit einer italienischen Postfaschistin zusammen und genießt das Leben; unter anderem bei einem gemeinsamen Hubschrauberflug. Und jetzt, am Tag vor der Nationalratswahl, hat er einen befreundeten Hotelier sowie Rene Benko in der Steiermark auf der Jagd begleitet. Trotz Waffenverbot. Aber geschossen habe er eh nicht. Die Geschichte ist bekannt.
Was für ein Typ: Nicht nur für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine Zumutung. Sondern für alle Frauen und Männer, bei denen sich Stärke und Größe anders zeigt als durch Dinge wie das schnelle Auto, geschweige denn eine „Puffn“. Die jegliches Macho-Gehabe verachten.
Es widerspricht im Übrigen einer SPÖ, die Wert auf Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit legt. Gerade in Zeiten wie diesen kommt es da auch auf Signale an: Wie wenig Gespür muss man haben, in einer Jagdgesellschaft fürs Foto zu posieren, wie es Dornauer getan hat. Als öffentliche Person müsste er’s doch besser wissen. Ganz offensichtlich ist das „Ich“ jedoch durchgegangen mit ihm.
Das „Ich“ war auch bei der Rücktrittserklärung im Vordergrund: Er habe keinen Gesetzesbruch begangen, es sei kein Schaden entstanden. Er trete daher auch nicht zurück, sondern zur Seite. Genau so wie es Sebastian Kurz getan hat, der nun schon seit drei Jahren am Spielfeldrand steht.
Im Unterschied zu diesem behält Dornauer jedoch sein Mandat. Er bleibt Landtagsabgeordneter. Das sei er den „über 10.000 Tirolerinnen und Tirolern“ schuldig, die ihm persönlich bei der Wahl 2022 eine Vorzugsstimme gegeben hätten. Nachsatz: So viele seien es bei sonst niemandem gewesen, das sei aber kaum wahrgenommen worden.
Als wäre ihm Unrecht widerfahren. In Wirklichkeit hat der ORF damals getitelt: „Dornauer mit dem meisten Vorzugsstimmen.“ Im Bericht sind 2.422 Stimmen erwähnt, die er landesweit erhalten hat und weitere 7.566, die er in seinem Wahlkreis Innsbruck-Land bekommen hat. In Summe also knapp 10.000 (9.988). Aber egal. Auch über die Website das Landes lassen sich keine weiteren finden. Vielleicht sind sie irgendwo versteckt.
Es ist nebensächlich. Der Punkt ist, dass das damals wirklich die meisten Stimmen waren. Anton Mattle, der heutige Landeshauptmann aus dem kleinen Wahlkreis Landeck, musste sich mit insgesamt 8122 begnügen. FPÖ-Mann Markus Abwerzger mit kaum mehr. Das heißt was.
Die SPÖ von Dornauer ist in Tirol eine relativ kleine Partei. In seiner Heimatgemeinde Sellrain ist er einst jedoch klar zum Bürgermeister gewählt worden. Und bei der Landtagswahl kam die SPÖ hier auf fast 60 Prozent. Umgekehrt aber hat die SPÖ unter seiner Führung in der Stadt Innsbruck verloren. Und hat sie unter der Führung von Andreas Babler bei der jüngsten Nationalratswahl (wie schon zu Christian Kerns Zeiten 2017) gewonnen, ist hier sogar stärkste Partei geworden.
Wie kann das sein? Vielleicht hat ein Typ wie Dornauer bei einer studentischen, akademischen Klientel wenig bis nichts zu melden. Wird eher der Kopf geschüttelt über einen, der mit dem Porsche daherkommt und glaubt, er sei wer. Vielleicht – und da muss man vorsichtig sein, weil es überall solche und solche Menschen gibt – ist dieser Typ in ländlicheren Regionen eher sogar angesehen.
Vielleicht entspricht ein Georg Dornauer in gewisser Weise der Normalität, die die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner mit Blick auf Bewohner ruraler Gebiete fordert und sich daher demonstrativ gegen geschlechtergerechte Sprache genauso stellt wie gegen „Klimakleber“, die Autofahren lästig waren. Vielleicht wird der Dornauer „Schorsch“ hier geschätzt, gerade weil er ein solcher Gegensatz zu politischer Korrektheit und sogenannten Eliten ist.