Das Jahr, in dem die Parteien verschwanden

ANALYSE. Auf die Listen Kern und Kurz wird demnächst wohl jene von Pilz folgen. Demokratiepolitisch gesehen ist das gar nicht gut. 

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ANALYSE. Auf die Listen Kern und Kurz wird demnächst wohl jene von Pilz folgen. Demokratiepolitisch gesehen ist das gar nicht gut.

Man kann es auch so formulieren: Die ÖVP hat sich aus guten Gründen (insbesondere Hoffnungslosigkeit) aufgegeben und sich ganz Sebastian Kurz übertragen. Womit spätestens nach dem Parteitag an diesem Samstag von ihr selbst nicht mehr übrig bleiben wird; auch bei der Nationalratswahl am 15. Oktober wird sie nur noch als „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“ kandidieren. So oder so ist die ÖVP damit Geschichte: Sie ist künftig Sebastian Kurz und wird mit ihm stehen und fallen. Ist er einmal weg, ist sie allenfalls nur noch eine Kleinpartei.

Nicht viel anders ist das bei der SPÖ: Sie ist sogar schon ein Stück weiter. Christian Kern hat sie im vergangenen Frühjahr übernommen und setzt ganz auf sich selbst. Programmatische Ansagen gibt es von ihr keine mehr; auch die Arbeiten an einem neuen Parteiprogramm sind de facto eingestellt. Was es gibt, ist ein „Plan A“, doch dieser ist schon bei der Präsentation allein ein Werk des Christian Kern gewesen.

Und so geht es denn auch weiter: In Tageszeitungen erschien heute ein Wahlkampfinserat zur Pflege. Absender: „Bundeskanzler Christian Kern“ mit der Botschaft, dass „wir“ zusammen weiterkommen sollen; wobei mit „wir“ offenbar Kern und der Betrachter gemeint sein soll. Und die SPÖ? Sie ist auch irgendwo erwähnt; aber nur indirekt als Teil eines Links (spoe.at/pflege).

2017 könnte als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die klassischen Parteien endgültig verschwanden: Die Freiheitlichen und die NEOS sind schon traditionell sehr stark auf Personen bezogen. Bei der FPÖ hat Jörg Haider seine Freunde nicht nur überstrahlt; er hat auch schon in den 1990er Jahren angefangen, den Bundesobmann (und damit sich selbst) mit Durchgriffsrechten auszustatten, die für österreichische Verhältnisse ziemlich neu waren. Bestellungen wie Ausschlüsse, aber auch Listenerstellungen waren folglich allein seine Sache. Die NEOS wiederum sind eine bunte Gruppe. Letztlich aber bilden sie natürlich die Partei ihres Gründers und Vorsitzenden Matthias Strolz. Würde er sich morgen verabschieden, wäre sie am 15. Oktober ganz und gar chancenlos.

Wenn’s eh schon nur Listenplatz 4 gewesen wäre, hätte es auch 6 sein können; den milliardenschweren Konzern hätte das nicht weniger beeindruckt.

Und jetzt sind auch noch die Grünen an der Reihe. Beziehungsweise Peter Pilz: In der „ZIB2“ hat er am Mittwochabend bestätigt, dass er erwägt, eine eigene Liste zu gründen. Wobei auch eine solche nur auf seine Person bezogen sein kann. Wer auch immer sich (im Fall des Falles) ihm anschließen wird; über eine erfolgversprechende Strahlkraft verfügt allein der 63-Jährige. Abgesehen davon hat er in den vergangenen Tagen schon auch Züge gezeigt, die für basisdemokratische Grüne erschreckend sein müssen: Die „Bitte“, ihn mit einem entsprechenden Votum auf Listenplatz 4 oder gar keinen zu setzen, damit er in seinem Kampf gegen den Eurofighter-Hersteller gestärkt ist, ist erstens erpresserisch und zweitens ein bisschen seltsam gewesen. Wenn’s eh schon nur Listenplatz 4 gewesen wäre, hätte es auch 6 sein können; den milliardenschweren Konzern hätte das nicht weniger beeindruckt. 

Aus demokratiepolitischer Sicht sind diese Entwicklungen natürlich nicht gut: Wenn es sich bei den Playern auf Seiten der Regierung, aber auch der Opposition gar nicht mehr um Parteien, sondern nur noch um ganz wenige Personen handelt, dann wird’s ein bedrohliches Stück weit autoritärer.

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