ANALYSE. Wer den Salzburger Bürgermeister-Kandidat größer macht und warum auch die Kommunismus-Nummer dazu beiträgt.
„Die Tagespresse“ hat’s getroffen: Die ÖVP sei schockiert, dass leistbares Wohnen für Salzburger wichtiger sei als ein Genderverbot, schrieb die Satireseite zum Ergebnis der Gemeinderatswahl in der Landeshauptstadt. Das hat was: Die Partei von Karl Nehammer setzt erratisch auf politische Botschaften, die nicht ankommen. Wie auch die Verankerung von Bargeld in der Verfassung. Oder die sogenannte Normalität. Damit kommt sie vielleicht nicht nur nicht an, sondern führt den Leuten vor Augen, wie weit weg sie von Alltagssorgen ist. Zweitens: Eine Mehrheit misstraut Nehammer und Co. Das ist eine logische Konsequenz: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Sie spüren die Krisen und mögen über substanzielle Aussagen nicht jubeln, sie aber wertschätzen. Besagte Botschaften aus der „Message-Control“-Abteilung lösen das Gegenteil aus: Geringschätzung.
Umso stärker wird auf der anderen Seite Kay Michael-Dankl. Er spaziert in Alltagskleidung mit Baby ins Wahllokal. Gerne ist er mit dem Fahrrad unterwegs. Er redet mit Leuten, kümmert sich um ihre Wohnprobleme und spendet einen Gutteil seines Politikerbezugs. Letzteres kann man auch insofern als Populismus bezeichnen, als es zu keiner Lösung struktureller Probleme beiträgt. Der Vorwurf ist jedoch wirkungslos: Sorgt sich Nehammer voll und ganz um die Lösung struktureller Probleme, hat es der bisherige Bürgermeister von Salzburg getan? Also.
Noch lächerlicher ist der Versuch, vor Dankl und Kommunismus, ja „Hammer und Sichel“ zu warnen. Es ist ähnlich schwach wie das ideologische Fundament, auf dem der 35-Jährige zu stehen scheint. Wenn der Eindruck nicht täuscht, verfolgt er schlicht einen Humanismus in dem Sinne, dass es Aufgabe der Politik sei, sich selbstlos der Schwächsten anzunehmen.
Dem könnte man einen anderen Zugang entgegensetzen. Der Haken: Der rechtspopulistische Zugang ist durch Böswilligkeit gekennzeichnet. Er unterstellt, dass Zuwanderer ausschließlich wegen der Sozialleistungen kommen würden und dass sämtliche Arbeitslosen faul seien. Im Zusammenhang mit der Mindestsicherung redet er daher gerne von einer „Hängematte“. Das richtet sich von selbst.
Auf die Frage, wie kommunistisch er sei, meint Dankl: „Es ist sicher ein anderes Verständnis als vor einem halben Jahrhundert. Wir treten für eine bessere Gesellschaft ein. Gesundheit und Bildung, die Interessen der Menschen sind wichtiger als maximaler Gewinn.“ Schulden würde er nicht machen: „Ich würde ausgeglichen budgetieren“, betont er – und hat schon gewonnen: Der Kommunist, der gesucht wird, ist nicht zu finden. Wie auch? Gesucht wird etwas Grauenhaftes. Dankl hat jedoch ein Auftreten, das dem eines führenden Vertreters der, sagen wir, katholischen Jungschar entspricht; oder der Volkshilfe.
Er hat Persönlichkeitswerte, die jene von Nehammer, geschweige denn Herbert Kickl (FPÖ), um ein Vielfaches übertreffen. Laut einer Erhebung der „Bezirksblätter“ vertrauen ihm 80 Prozent der Salzburger zumindest ein bisschen.
Bei der Nationalratswahl wird er heuer kaum mitmischen. Das ist ein Glück für ÖVP und FPÖ, denen er nicht wenige sowie SPÖ, Neos und Grüne, denen er relativ viele Stimmen abnehmen könnte. So absurd es klingen mag. Es hat jedoch damit zu tun, dass zum Beispiel bei weitem nicht alle Neos-Wähler unternehmerisch ticken und Anhänger der freien Marktwirtschaft sind. Genauso handelt es sich bei FPÖ-Wählern nicht einfach nur um Rechte. Einige sind wegen der Impfpflicht gerade „blau“, andere verachten das, was sie als Politik wahrnehmen und wollen ihm daher einen Tritt versetzen. Kickl bietet sich in aller Brutalität an dafür. Dankl ist, wenn man so will, eine freundliche Antwort auf die politischen Zustände. Gewissermaßen also eine Alternative. Das könnte den einen oder anderen FPÖ-Anhänger überzeugen – ja hat es laut Wählerstromanalysen bei der Salzburger Landtagswahl im vergangenen Jahr auch getan.
Die Dankl-Verstärker rufen „Kommunismus“, „Hammer und Sichel“, verstehen selbst aber nicht mehr als Stalin und die UdSSR darunter. Beziehungsweise graue Männer sowie ein Volk, dem es schlecht geht. Sie glauben, dass das auch die Wähler so sehen. Diese nehmen aber einen anderen Dankl wahr, was ihn letzten Endes nur umso mehr strahlen lässt.
Die Dankl-Verstärker vergessen vor lauter Konzentration auf die Entwicklung und Verbreitung irgendwelcher Botschaften im Übrigen darauf, sich um eine Politik zu bemühen, die auf Basis gewisser Vorstellungen auf eine Verbesserung der Verhältnisse ausgerichtet ist, sodass sie von einer Masse ernstgenommen werden könnten: Da dürfen sie sich nicht wundern, dass sie bzw. ihre Parteifreunde in Salzburg-Stadt abstürzen und so viele Wähler Dankl und der KPÖ den Vorzug geben.