ANALYSE. Wenn einem Kandidaten in einer Woche 14 und 21 Prozent ausgewiesen werden, werden sämtliche Umfragen lächerlich gemacht. Andererseits sagt das auch viel über einige Medien und den Wahlkampf aus.
Dass Meinungsumfragen keine Vorhersagen sind, war bekannt. Dass sie summa summarum aber nicht einmal für einen Befund der gegenwärtigen Stimmungslage ausreichen, ist in dieser Form jedoch neu: In der Karwoche wurden an zwei Tagen fünf Umfrageergebnisse veröffentlicht. Wobei die Unterschiede nicht größer hätten sein können: Für SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer wurden zwei Mal 14 und einmal sogar 21 Prozent ausgewiesen. Alexander Van der Bellen (Grüne) musste einmal über 19 Prozent stutzen, durfte sich dann aber wieder über 30 Prozent freuen. Ähnliche Erfahrungen machten Andreas Khol (ÖVP) und Irmgard Griss.
Nun wäre es nicht seriös, allen Meinungsforschern zu unterstellen, sie hätten sich darauf begnügt, den Finger in den Wind zu halten. Im Gegenteil, auffallend ist, dass die beiden Umfrageergebnisse, die der ORF präsentierte, auf immerhin 1000 Befragten basierten und nahezu deckungsgleich waren. Bemerkenswert ist aber auch, dass die „Kronenzeitung“ ebenfalls eine Umfrage mit einem Sample von 1017 lieferte, aber zu ganz anderen Ergebnissen kam: Rudolf Hundstorfer, der sich seit Wochen über eine wohlwollende Berichterstattung in dem Blatt freuen darf, kam hier auf seinen besten Wert und Alexander Van der Bellen auf seinen – mit Abstand – schlechtesten.
Insgesamt ist das Bild, das die Branche da liefert, jedoch verheerend.
Die Qualität der Arbeit, die die einzelnen Meinungsforscher da leisten, wird, wenn überhaupt, erst am Wahlabend bewertet werden können. Insgesamt ist das Bild, das die Branche da liefert, jedoch verheerend.
Wobei es sogar nachvollziehbar ist, dass jede Umfrage ein anderes Ergebnis ausspuckt; umso mehr aber müssten die Institute darauf hinweisen:
- Der Wahlkampf hat noch kaum begonnen. Weder hat es ein Kandidat bisher geschafft, ein Thema zu setzen, noch gab es entscheidende TV-Runden.
- Viel eher machen die Kandidaten sogar den Eindruck, dass sie immer vorsichtiger werden.
- Die Zahl der Österreicher, die sich daher noch nicht einmal Gedanken darüber gemacht haben, wem sie am 24. April ihre Stimme geben sollen, dürfte folglich ungewöhnlich groß sein
- Angenommen, es sind 50 Prozent. Dann bleiben bei einer Umfrage mit 400 Teilnehmern im besten Fall 200, die sich deklarieren. Sprich: 20 Leute machen schon zehn Prozent „Stimmenanteil“ aus.
- Das ist von vornherein fragwürdig. Ganz besonders aber bei sechs Kandidaten mit unterschiedlichen Potenzialen. Ein großer Teil der Khol-Wähler dürfte beispielsweise in NÖ leben, wo überdurchschnittliche viele ÖVP-Anhänger zu Hause sind. Eine Umfrage, die das nicht berücksichtigt, liefert daher automatisch ein verzerrtes, wenn nicht gar unbrauchbares Ergebnis.