ANALYSE. Mit der Bundespräsidenten-Wahl gehe die Zweite Republik zu Ende, heißt es. Doch was kommt dann? Einiges von dem, was SPÖ und ÖVP hinterlassen, muss Unbehagen auslösen.
Grundsätzlich sollte ein demokratischer Rechtsstaat so stark sein, dass egal ist, wer vorne steht; wer also Bundespräsident ist oder etwa die Regierung bildet. Ganz besonders die Väter der österreichischen Verfassung haben daran gedacht, dass die Macht gut aufgeteilt ist und zweitens jeder notfalls in die Schranken gewiesen werden kann.
Unter Führung von SPÖ und ÖVP hat sich über die Jahrzehnte jedoch eine Realverfassung entwickelt, die letzten Endes nichts anderes als Machtmissbrauch ermöglicht. Drei Beispiele:
- Der Umgang mit dem Rechtsstaat. Die Asylrechtsnovelle ist laut Rechtsanwaltskammer ein „Dammbruch“. Allein aufgrund eines behaupteten, aber nicht durch Fakten untermauerten Notstandes sollen Grundrechte verwehrt werden. Nicht das Vorhaben an sich ist hier das Problem, sondern die Vorgangsweise; sie schafft Willkür.
- Die Förderungen. Gut 20 Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr von Bund, Ländern und Sozialversicherungen ausgeschüttet worden. Die Entscheidungsgrundlagen sind nicht immer nachvollziehbar. Ganz besonders deutlich wird dies bei einer Sonderform der Presseförderung: Inseratenvergaben. Warum einige Ministerien vor allem in Boulevardmedien „schalten“, ist offensichtlich; sie kaufen sich mit Steuergeld eine wohlwollende Berichterstattung. Das ist eine Form von Korruption.
- Die Postenbesetzungen. Niemand zweifelt daran, dass die Frage, wer etwa nächster ORF-Generaldirektor werden wird, nicht vom angeblich entparteipolitisierten Stiftungsrat entschieden wird, sondern Teil eines umfassenden Personalpakets von SPÖ und ÖVP sein wird, dem dann u.a. auch zu entnehmen ist, wer Josef Moser als Rechnungshofpräsident nachfolgen wird. Legitim ist das nicht; im Gegenteil.
Sie wollen mehr? Bestellen sie das Insidermail von dieSubstanz.at. Gratis. Täglich. > Hier
Diese Realverfassung ist es, die angesichts eines bevorstehenden Wechsels Unbehagen auslösen muss: Wer sagt, dass die, die nachfolgen, die Sache besser machen? Wer verhindert, dass sie die Möglichkeiten ebenfalls zu ihren Gunsten ausreizen? Nein, das ist jetzt kein Plädoyer für oder gegen jemanden; es soll vielmehr verdeutlichen, wie es um die Republik bestellt ist.