Bildungsreform: Und die SPÖ duckt sich weg

ANALYSE. Modellregionen zur Gemeinsamen Schule haben sich zur entscheidenden Streitfrage entwickelt. Wobei es sich nicht nur um eine schwarz-grüne Auseinandersetzung handelt. 

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ANALYSE. Modellregionen zur Gemeinsamen Schule haben sich zur entscheidenden Streitfrage entwickelt. Wobei es sich nicht nur um eine schwarz-grüne Auseinandersetzung handelt.

Man kann es als Fortschritt bezeichnen, es ist aber auch ein Problem: Die sozialdemokratische Bildungspolitik ist ziemlich ideologiefrei geworden. Beispiel „Gesamtschule“. Nicht einmal der Begriff existiert noch. Und im „Plan A“, den Kanzler und Parteichef Christian Kern im Jänner vorgelegt hat, beschränkt sich selbst die Wortfolge „Gemeinsame Schule“ auf die Volksschule. Für Zehn- bis 14-Jährige ist sie demnach kein Thema. Bei ihnen ist es Kern etwa wichtiger, „vom Schulbuch zum Tablet“ zu kommen.

Die Chancen, dass unter diesen Umständen auch nur eine Modellregion eingeführt wird, sind denkbar schlecht: Die Grünen machen ihre Zustimmung zur Bildungsreform davon abhängig, dass eine solche ohne größere Hürden möglich wird. Die ÖVP weiß als Gesamtpartei nicht, was sie will: Der Arbeitnehmerflügel, der auch Sebastian Kurz (als ÖAAB-Vorstandsmitglied) zu seinen Reihen zählt, ist dagegen, der Wirtschaftsbund und die Vorarlberger Landesorganisation sind eher dafür. Doch selbst das ändert sich: Im Begutachtungsverfahren zum entsprechenden Gesetzesentwurf haben die Alemannen auf eine Modellregion gedrängt, zuletzt jedoch wissen lassen, dass das nicht unbedingt sein müsse: Die Experten seien sich einig, dass zur Vorbereitung ohnehin noch Hausaufgaben zu erledigen seien.

Eine solche Demokratiefreundlichkeit ist von Seiten der Sozialdemokratie neu: Reformen nur, wenn Vertreter aller Betroffenen zustimmen.

Die SPÖ könnte in dieser Auseinandersetzung eine entscheidende Rolle spielen. Sie unterstützt indirekt jedoch jene ÖVP-Kräfte, die die Gemeinsame Schule blockieren wollen. Diese jubeln über den rot-schwarzen Kompromiss, wonach eine Modellregion nur mit Zustimmung der Eltern und Lehrer aller betroffenen Schulen möglich werden soll. Lehrer oder Eltern eines einzigen Gymnasiums könnten damit das Projekt kippen. Und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler begrüßt das. Dabei muss auch ihm bewusst sein, was das bedeutet: Die Gemeinsame Schule ist erledigt.

Eine solche Demokratiefreundlichkeit ist von Seiten der Sozialdemokratie neu: Dass Reformen nur dann durchgeführt werden, wenn Vertreter aller betroffenen Gruppen mehrheitlich zustimmen, war ihr bisher jedenfalls noch nie ein Bedürfnis. Weder bei einer Pensions- noch bei einer Steuerreform. Womit deutlich wird, dass ihr die Gesamtschule wirklich kein Anliegen mehr ist.

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