ANALYSE. ÖVP und SPÖ planen eine Zusammenarbeit ohne Neos und Grüne. Das ist gut so.
FPÖ-Chef Herbert Kickl würde eine Vierparteienregierung, bestehend aus ÖVP, SPÖ, Neos und Grünen, gefallen: Vielleicht würde er sich als „Oppositionsführer“ bezeichnen, weil da ja niemand wäre außer ihm und seinen Abgeordneten in dieser Rolle. Jedenfalls würde er wohl öfter davon reden, dass alle anderen eine „Einheitspartei“ bilden würden und „Volksverräter“ seien, wie er das ohnehin schon immer wieder tut. Es ist Teil seines Geschäftsmodells.
Jetzt ist es aber so, dass ÖVP und SPÖ eine Zusammenarbeit ohne Neos und Grüne planen. Das ist gut so. So können sie sich nicht nur schneller einigen. Neos und Grüne können so eher Rollen gerecht werden, die für sie selbst sowie Parlamentarismus und Demokratie wichtig sind: Sie können einerseits Opposition sein, also insbesondere auch kontrollierend wirken. Und sie können daneben trotzdem an einer Art Wettbewerb der beste Ideen teilnehmen und bestimmte Maßnahmen ermöglichen – gerade weil ÖVP und SPÖ nur über eine denkbar knappe Mehrheit verfügen im Nationalrat und daher zumindest bei Verfassungs- bzw. Zweidrittelmaterien auf Unterstützung angewiesen sind.
Das ist eine Chance für Neos und Grüne. Sie wären andererseits nicht gefangen in einer Koalition mit Größeren und müssten nicht Dinge hinnehmen, durch die sie Anhänger enttäuschen und vertreiben. Wie die Grünen vor zwei Jahren etwa, als sie der ÖVP halfen, mit der „Wiener Zeitung“ die älteste damals bestehende Tageszeitung der Welt einzustellen.
Kickl hat sich und die FPÖ längst aus der ernsthaften Auseinandersetzung genommen, in der es auch die Bereitschaft zu Kompromissen gibt; und für die ein wertschätzender Umgang miteinander wichtig ist. Auch daher konnte Blau-Schwarz nicht zustande kommen. Er ist gewissermaßen auf einem eigenen Feld unterwegs und sammelt Menschen ein, die auf sein Angebot ansprechen, wie Orban oder Trump zu agieren.
Umso wichtiger ist es, dass es weiterhin eine Opposition gibt, die nicht alles zerschlagen will, sondern für bestimmte Themen und ebensolche Zugänge steht, die sich von denen der Regierenden unterscheiden. Grüne etwa auf ihrer Weise in Bezug auf den Klimaschutz und Neos auf Unternehmerisches – und beide zusammen auf Korruptionsbekämpfung etwa oder Pro-Europäisches.
Bei einer Vierparteienregierung wäre die Gefahr groß, dass alle Beteiligten bei der nächsten Nationalratswahl verlieren. Weil jede Partei für sich mit ihren Akzenten nicht oder kaum durchkommt. Möglicherweise würden viele Wähler enttäuscht zu Hause bleiben. Das Ergebnis davon wäre jedoch, dass Kickl bzw. die FPÖ mit gleich vielen Stimmen wie zuletzt auf mehr als 28,8 Prozent kommen würde.