Achtung, Kreide

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ANALYSE. Der neue Vorsitzende der LH-Konferenz, Mario Kunasek, gibt sich staatsmännisch und kommt da und dort auch durch damit. Seine Taten sprechen jedoch eine andere Sprache.

Bei Herbert Kickl, dem FPÖ-Chef, weiß man, woran man ist. Der Mann kann sich nicht mehr verstellen, er muss seine Verachtung für das System, also den demokratischen Rechtsstaat, für den Diversität genauso selbstverständlich ist wie die europäische Integration, zum Ausdruck bringen. Er ist, wie man so sagt, in Radikalopposition. Das beschert ihm Zuspruch wie Ablehnung.

Bei Marlene Svazek und Manfred Haimbuchner etwa, den freiheitlichen Vize-Landeshauptleuten in Salzburg und Oberösterreich, jedenfalls aber bei Mario Kunasek, dem blauen Landeshauptmann in der Steiermark, scheint das weniger klar zu sein. Natürlich: Das sind andere Typen als Kickl. Haimbuchner zieht zum Beispiel gerne über die LBTQ-Bewegung her. Doch ist das besser?

Hier geht es um Kunasek: Er ist gerade auch Vorsitzender der LH-Konferenz geworden. Versteht es, staatsmännisch zu wirken und sich dem Protokoll anzupassen. Ist meist freundlich, trägt (fast) immer Anzug und Krawatte. So gar nicht kicklmäßig.

Wäre er an der Spitze der Bundesregierung jedoch ein geringeres Übel als der FPÖ-Chef? Grundsätzlich gilt: Auch wenn Freiheitliche andere Ansichten als man selbst vertreten, ist das allein noch kein Grund, sie in Machtfunktion abzulehnen. Da muss schon Prinzipielles vorliegen.

Insbesondere in der Migrationspolitik zählt Kunasek das Ungarn von Viktor Orban zu den Vorbildern, unterstützt Kickls Forderung, „Remigration“ durchzuführen und spricht gerne auch von „Schubumkehr“, wenn es um Zuwanderung geht. Auf der Agenda ganz oben steht derlei jedoch nicht bei ihm. Er ist auf Landesebene tätig, nicht – wie Kickl – auf Bundesebene.

Auf Landesebene gibt es andere Themen, aber auch Möglichkeiten. Ein Landeshauptmann muss nicht öffentlich poltern gegen einen ORF-Direktor, er kann ihn machen. Das wird ihm gesetzlich zugestanden. Er kann vor allem aber ein Land Schritt für Schritt in einer Art und Weise verändern, dass es viele kaum wahrnehmen werden.

Wichtig war es Kunasek beispielsweise, die steirische Hymne in der Verfassung zu verankern. Wozu? Kulturkampf. Schäden hat er gerne in Kauf genommen. Besungen wird immerhin auch ein Teil Sloweniens, die ehemalige Untersteiermark. Logisch, dass Slowenien protestierte. Umso besser für Kunasek. Zwar muss er sich nun mit einer einfachgesetzlichen Verankerung begnügen, weil SPÖ, KPÖ und Co. nicht mitziehen wollten, auch das ist aber gut aus seiner Sicht: Es zeigt, wer für und wer gegen das Land sei.

Gerade meldet der „Standard“, dass die Regierung Kunasek bei NGOs massiv den Sparsitft ansetze, dass Sozial- und Kulturvereine von existenziellen Bedrohungen sprechen würden. Ein interkulturelles Zentrum erkläre, rund 3000 Menschen in Zukunft nicht mehr beraten zu können, bei einer Antidiskriminierungsstelle gehe überhaupt nichts mehr.

Derlei kommt einem bekannt vor: In den vergangenen Monaten hat man sehr Ähnliches immer wieder gelesen. Halt in viel größeren Stil, aus den USA von Donald Trump. So werden Linke, Lästige und andere, die abgelehnt werden, entscheidend geschwächt. Es ist ein Muster.

Was Kunasek durchzieht, ist im Übrigen etwas, was Freiheitliche überall tun, wo sie mit der ÖVP regieren und so gemeinsam mit dieser eine Mehrheit haben: Es wird die Klimaschutz-Stopptaste gedrückt. Es wird zurückgenommen, was emissionsmäßig wirkungsvoll, einigen Autofahrern aber lästig ist. Tempo 100 auf Autobahnen, wie in der Steiermark bereits geschehen. Das war dem Landeshauptmann ein besonderes Anliegen: Gleich zu seinem Amtsantritt hat er betont, dass Autoverkehr wieder ungehindert möglich werden soll.

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