Wie die Schule zugrunde geht

Gastkommentar von Johannes Huber auf VIENNA.AT. Mit Maulkorberlässen kann die Bildungspolitik nicht über die Probleme hinwegtäuschen; das Versagen ist offenkundig.

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Gastkommentar von Johannes Huber auf VIENNA.AT. Mit Maulkorberlässen kann die Bildungspolitik nicht über die Probleme hinwegtäuschen; das Versagen ist offenkundig.

Die Geschichte könnte auch in einem autoritären Staat spielen: Andrea Walach, Direktorin der NMS Gassergasse, hat gegenüber dem „Kurier“ aus der Schule geplaudert: Ihre Lehrer bemühten sich ja, zu viele Schüler würden bis zuletzt aber nicht einmal Deutsch lernen. Ein Drittel werde daher keinen Job finden und eines Tages von der Soziallhilfe leben. Walach spricht von einer „verlorenen Generation“. Wie wahr. Das Bildungsministerium reagiert aber nicht etwa darauf, indem es die Probleme aufgreift und zumindest alibihalber zu einem Krisengespräch lädt; nein, es erteilt Walach einen Maulkorb.

Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wäre gut beraten, sich für diese Vorgangsweise zu entschuldigen. Gerade für eine Sozial-Demokratin ist sie beschämend. Zumal das, was Walach sagt, von jedem Lehrer bestätigt wird, mit dem man redet: Dass es aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten und Integrationsdefiziten kaum noch möglich ist, eine Klasse allein zu unterrichten, ist demnach die Regel. Körperliche Übergriffe sind genauso alltäglich, wie Blaulichteinsätze. Die Geschichten, die man da hört, handeln alles in allem von einem permanenten Ausnahmezustand. Und darüber können Heinisch-Hosek und Co. nicht hinwegtäuschen.

Die Statistik spricht für sich: Dass 15-Jährige weder sinnerfassend lesen noch ordentlich schreiben können, weiß man von der PISA-Studie zu gut. Und dass die Jugendarbeitslosigkeit auch in Wien überdurchschnittlich hoch ist, kann man in der AMS-Statistik nachlesen: Bei 20- bis 24-jährigen Männern beträgt die Quote sage und schreibe 23 Prozent.

Natürlich kann man versuchen, das totzuschweigen und zu kaschieren. Letzteres beispielsweise durch eine sogenannte Ausbildungspflicht bis 18; unter den gegebenen Umständen bedeutet das allerdings nur, dass man Buben und Mädchen länger einem zu schlechten Bildungssystem anvertraut.

Ja, SPÖ und ÖVP sind nicht einmal in der Lage, die Minireform, auf die sie sich vor vier Monaten verständigt haben, zu beschließen.

Wenn irgendwo angesetzt werden muss, dann an den Schulen selbst: SPÖ und ÖVP, die als Regierungsparteien die Hauptverantwortung dafür tragen, müssen Rahmenbedingungen schaffen, die es Schülern, Lehrern und Eltern ermöglichen, mit den vorhandenen Herausforderungen fertig zu werden. Sehr wahrscheinlich würde das bedeuten, dass man zu einer verpflichtenden Ganztagsschule mit viel mehr Sozialarbeitern und Pädagogen übergehen müsste.

Doch das bleibt vorerst wohl nur eine Illusion. SPÖ und ÖVP liegen einander in bildungspolitischen Fragen nämlich seit Jahren so sehr in den Haaren, dass gar nichts mehr geht. Ja, sie sind nicht einmal in der Lage, die Minireform, auf die sie sich vor vier Monaten verständigt haben, zu beschließen. Womit immer mehr Schulen langsam aber sicher zugrunde gehen.

> Dieser Beitrag ist zunächst auf VIENNA.AT erschienen.

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