ANALYSE. 2013, 2014 waren fette Jahre für die Partei. 2015 verläuft enttäuschend für sie. Während die Freiheitlichen triumphieren, müssen sie sich mit kleineren Zugewinnen begnügen. Erleiden sie bei ihren Regierungsbeteiligungen das Junior-Partner-Schicksal? Das ist nur eine der möglichen Erklärungen.
Andere Parteien wären froh, sie könnten ihren Stimmenanteil um ein Zehntel ausweiten, wie es den Grünen am Sonntag in Oberösterreich gelungen ist. Doch in ihrem Fall ist auch das eine Enttäuschung: Erstens, Schwarz-Grün geht sich nicht mehr aus. Und zweitens, im Vergleich zu den freiheitlichen Zugewinnen (15,1 Prozentpunkte) sind ihre (plus 1,1) halt doch sehr bescheiden.
Zurzeit räumt die FPÖ bei Rot und Schwarz ab. Das war schon in der Steiermark und im Burgenland so und das ist nun auch in Oberösterreich der Fall gewesen. 2013, 2014 war das noch ganz anders. In Salzburg haben die Grünen ihren Stimmenanteil fast verdreifacht, in Vorarlberg beinahe verdoppelt. Da wie dort sind sie denn auch in die Landesregierung gekommen. Und das ist vielleicht schon ein Teil ihres Problems. Doch dazu später.
Jede OÖ-Wahlanalyse bestätigt, dass die Flüchtlingswelle das entscheidende Thema gewesen ist. Dass die Grünen hier nicht stärker punkten können, ist bemerkenswert: In der Polarisierung haben sie ganz offensichtlich kein Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Dabei müssten sie doch gerade bei diesen Fragestellungen, in denen es um Menschenrechte und humanitäres Engagement geht, auffallen; und zwar im positiven Sinne – als Kontrastprogramm zur FPÖ.
Da wird es für die Grünen in der Bundeshauptstadt ungleich schwerer als in Oberösterreich zu reüssieren.
Dass ihnen das nicht gelingt, muss alarmierend für sie sein: In Wien, wo in zwei Wochen gewählt wird, sind die Positionen noch viel deutlicher abgesteckt. Wer dafür ist, dass Syrern, Afghanen und Irakern geholfen hat, hat in Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) einen glaubwürdigen Vertreter dieser Position; er redet nicht nur, sondern lässt auch entsprechend handeln. All jene, die dies ablehnen, haben ihr Angebot in der FPÖ unter Heinz-Christian Strache höchstpersönlich. Da ist es für die Grünen in der Bundeshauptstadt ungleich schwerer als in Oberösterreich zu reüssieren.
Die Probleme für die Partei gehen jedoch noch weiter: Immer mehr Menschen haben auch existenzielle Sorgen. Österreich verzeichnet seit Monaten eine „Rekord“-Arbeitslosigkeit. Die Lösungskompetenz von SPÖ und ÖVP ist in diesem Bereich infrage gestellt, die FPÖ schafft es, den Unmut in ihrem Sinne zu verstärken. Und die Grünen? Sie setzen sich in nicht wahrnehmbarer Art und Weise damit auseinander. Oder „nur“ tiefgründiger. In der Bildungspolitik haben sie beispielsweise ernstzunehmende Angebote entwickelt. Ähnlich wie die NEOS, für die dies ebenfalls zutrifft, stehen sie damit jedoch an: Weder SPÖ, noch ÖVP oder FPÖ verschaffen die nötige Mehrheit zur Umsetzung.
Sie laufen Gefahr, in den Landesregierungen, in denen sie vertreten sind, das typische Juniorpartner-Schicksal zu erleiden.
Womit die wohl größte Schwäche der Grünen angerissen wäre: Sie laufen Gefahr, in den Landesregierungen, in denen sie vertreten sind, das typische Junior-Partner-Schicksal zu erleiden. Viel mehr als Akzente, wie Radwege, Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und Fußgängerzonen können sie nicht setzen, sind bei allem aber mitgefangen, werden also Teil roter und schwarzer Reformverweigerung; ob sie es wollen oder nicht.
Apropos Mitgefangen. Gerade als Kontrollpartei, die Korruption aufdeckt und bekämpft, sind die Grünen in den letzten Jahren erfolgreich gewesen. Besonders gut möglich war das aus der Opposition heraus. Heute, da sie noch in sechs Landesregierungen vertreten sind, ist das schon schwerer.