ANALYSE. Wenn der profilierte Europäer im kommenden Frühjahr für die Liste Pilz in die EU-Wahl zieht, haben die Grünen ein noch größeres Problem.
Viel Hoffnung haben die Grünen sich und ihren Anhängern in den vergangenen Monaten nicht gemacht, von der Kür von Georg Willi zum Innsbrucker Bürgermeister abgesehen. Sie ist aber insofern bezeichnend, als sie zeigt, dass die größten Chancen für sie in den Städten bestehen. Womit man auf Wien zu reden kommen muss: Rein theoretisch könnten die Voraussetzungen für die Partei dort besser nicht sein. Wir erinnern uns: Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hat bei der Bundespräsidentenwahl im Dezember 2016 in der Bundeshauptstadt eine Zweidrittelmehrheit geholt gegen den FPÖ-Politiker und heutigen Verkehrsminister Norbert Hofer.
Doch das ist nicht alles: Zur Verhinderung einer blau-schwarzen Mehrheit nach der nächsten Gemeinderatswahl ist die Bürgermeister-Michael-Ludwig-SPÖ sichtbar nach rechts gerückt. Rein rechnerisch bliebe den Grünen unter diesen Umständen ein Potenzial, das schlicht unermesslich ist. Ob sie das auch nur ansatzweise ausschöpfen können, ist jedoch vollkommen offen. Maria Vassilakou und Co. sind eher altbacken mit sich selbst und ihrer Führungsfrage beschäftigt. Inhaltlich pfeift gar nichts. Und das kann sich zwar ändern, ist aber eben nicht absehbar. Zu glauben, alle Links-Wähler würden unter den erwähnten Umständen künftig automatisch grün wählen, wäre jedenfalls leichtfertig; dazu gehört schon auch ein attraktives Angebot.
Im Hinblick auf die nächste Gemeinderatswahl nicht direkt gefährlich werden kann den Grünen Peter Pilz. Aber indirekt: Der nächste große Termin auf dem Wahlkalender ist die EU-Wahl im kommenden Mai. Seine Liste werde dabei sein, verriet Pilz im ORF-Sommergespräch. Möglicher Kandidat: Johannes Voggenhuber.
Auswirkungen einer weiteren Niederlage auf die folgenden Urnengänge wären nicht ausgeschlossen; im Gegenteil.
Das wäre eine Katastrophe für die Grünen: Wenn einer grüne Europapolitik verkörpert, dann ist es noch immer er, der von 1995 bis 2009 im Europarlament gesessen ist und sich zu einem der leidenschaftlichsten Pro-Europäer entwickelt hat, den die Republik kennt; 2009 wurde er von der Partei jedoch nicht mehr aufgestellt.
Seine Kandidatur bei der EU-Wahl 2019 wäre für die Grünen ein schwerer Schlag: Neben Türkis-Blau wäre ein proeuropäisches Angebot schon rein strategisch gesehen naheliegend. Dabei hätte die Partei mit Voggenhuber einen extrem starken Mitbewerber zusätzlich zu den Neos. Auf der anderen Seite bräuchte sie jedoch dringend einen Erfolg: Auswirkungen einer weiteren Niederlage auf die folgenden Landtagswahlen in Vorarlberg, wo sie bisher in der Landesregierung vertreten ist, und alle weiteren Urnengänge bis hin zur Wiener Gemeinderatswahl wären nicht ausgeschlossen; im Gegenteil, das Verlierer-Image würde picken.
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