Variante Rot-Blau

-

ANALYSE. Bald könnte die FPÖ in zwei weiteren Bundesländen regieren. Aber nicht mit der ÖVP, sondern mit der SPÖ. In der Steiermark ist diese schon einmal gesprächsbereit.

Vor zwei Jahren hatten die Freiheitlichen eine Regierungsbeteiligung auf Landesebene. Und zwar in Oberösterreich. Vor einem Jahr handelte es sich um drei, waren Niederösterreich und Salzburg dazugekommen. Heute sind es vier, schaffte die Partei vor wenigen Tagen doch auch den Einzug in die Vorarlberger Landesregierung.

Es geht Schlag auf Schlag. In all diesen Fällen heißt der Koalitionspartner ÖVP. In einem Jahr um diese Zeit könnten die Freiheitlichen nur noch in drei Bundesländern nicht (mit-)regieren. Und zwar in Wien, Kärnten und Tirol. In bereits sechs Ländern könnten sie dann (mit) am Ruder sein, um es salopp zu formulieren. Zwei Mal könnte die Partnerin dann freilich die SPÖ sein.

Im Burgenland wird Ende Jänner gewählt. Für die SPÖ von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wird es schwierig werden, die absolute Mandatsmehrheit zu verteidigen. Sie ist nur knapp abgesichert. Und die Freiheitlichen werden im Unterschied zum letzten Mal (sehr wahrscheinlich) nicht nur in keiner Krise stecken. Sie werden stattdessen eher von Krisen profitieren, wie sie es derzeit überall tun, vor allem aber mit Norbert Hofer einen populären Spitzenkandidaten haben.

2015 hat sich die SPÖ im Burgenland schon einmal für Rot-Blau entschieden. Das würde durchaus auch Doskozil entsprechen. Sofern es nicht ganz dumm hergeht für ihn und sich die FPÖ mit der ÖVP zusammentut, um selbst den Landeshauptmann stellen zu können.

In der Steiermark ist gerade gewählt worden und da sollte man nicht glauben, dass es nach dem freiheitlichen Sprung auf rund 35 Prozent und damit Platz eins auf Blau-Türkis hinausläuft. FPÖ-Chef Mario Kunasek hat in Interviews bereits erklärt, dass er auch mit der SPÖ Überschneidungen sieht. Das mag taktisch motiviert sein, hält er sich so doch eine Option offen, um seine Verhandlungsposition gegenüber der ÖVP zu stärken.

Es ist umgekehrt aber auch im Interesse der SPÖ. Der Leobener Bürgermeister Kurt Wallner beispielsweise wünscht sich Gespräche mit der FPÖ: „Weil ich glaube, dass die Wählerinnen und Wähler der FPÖ in erster Linie ÖVP und Grüne abgestraft haben für ihre Regierungstätigkeit im Bund. Und die SPÖ hat, glaube ich, einen in der Steiermark doch anderen, pragmatischen Kurs eingeschlagen als die Bundes-SPÖ. Und daher glaube ich, ist es grundsätzlich möglich.“

Tatsächlich hat der steirische SPÖ-Vorstand dem Vorsitzenden Anton Lang am Tag nach der Landtagswahl das Vertrauen ausgesprochen und ihn beauftragt, mit der FPÖ Gespräche über die Bildung einer Regierung zu führen.

Das ist eine Perspektive, die kritisch ist für die Sozialdemokratie: Rot-Blau im Burgenland hat sie in den 2010er Jahren noch irgendwie durchdrücken können. Noch einmal würde das allein wohl auch gehen, haben Teile der Partei bis hinauf zu Andreas Babler doch längst gebrochen mit Doskozil. Wenn man nun aber in der Steiermark, diesem großen Bundesland, zu einem Bündnis unter einem freiheitlichen Landeshauptmann schreiten würde, wäre das ein anderes Kaliber.

In einem „Standard“-Interview hat Babler gerade gesagt, „dass er nicht viel davon halte, mit der FPÖ zu koalieren. Auch nicht in den Bundesländern.“ Was man glauben mag. Bloß: Dagegen tun kann er nichts. Und wenn es in der Steiermark soweit sein sollte, hätte das Konsequenzen: Es würde der Sozialdemokratie auf Bundesebene nicht zwingen, gleichzuziehen. Es würde jedoch schwerer vermittelbar für sie werden, warum auf Bundesebene ausgeschlossen bleiben soll, was in Ländern geht.

Pragmatiker der Macht werden vielleicht einwenden, dass es ein notwendiger Zug der Zeit sei: Linke Parteien, zu denen die SPÖ zählt, werden in Summe schwächer, Parteien rechts der Mitte weiten ihre Mehrheit aus. Da müsse sie sich auch gegenüber der FPÖ öffnen, um sich längerfristig überhaupt noch Regierungsbeteiligungen zu ermöglichen. Wo aber erfolgen Grenzziehungen? Und was war es noch einmal, was aus sozialdemokratischer Sicht gegen eine blau-rote Bundesregierung spricht, nämlich unabhängig von Kickl?

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner