Und Ludwig ist schon ein Getriebener

ANALYSE. Was der Boulevard bisher geliefert hat, war ganz im Sinne des neuen Wiener SPÖ-Vorsitzenden. Gut ausgehen kann das aber nicht für ihn. 

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ANALYSE. Was der Boulevard bisher geliefert hat, war ganz im Sinne des neuen Wiener SPÖ-Vorsitzenden. Gut ausgehen kann das aber nicht für ihn.

„41,5 Millionen Gründe für Ludwig“, listete das Rechercheportal „Dossier“ vor einigen Wochen auf; das war eine Anspielung darauf, dass die mit üppigen Inseraten bedachten Boulevardmedium nicht einfach so geradezu kampagnisierten für die Kür von Michael Ludwig zum Wiener SPÖ-Vorsitzenden. Zufälligerweise ähnlich ist nun ein „Krone“-Titel: Die Stadträtinnen Renate Brauner und Sandra Frauenberger – ihres Zeichens auch Ludwig-Kritikerinnen – hätten demnach „15.760 Gründe, um bleiben zu wollen“. So viel verdienten sie nämlich – in Euro „pro Monat (14-mal)“, wie die Zeitung verrät.

Womit sich gewissermaßen ein Kreis schließt, der aufgrund der bisherigen Geschehnisse erahnen lässt, was kommt. Doch eines nach dem anderen. Ludwig ist Wohnbaustadtrat; das Amt hat er 2007 von Werner Faymann übernommen. In seinen Zuständigkeitsbereich gehört damit die Magistratsabteilung 50 („Wohnbauförderung und Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten“). Sie hat in den vergangenen zehn Jahren laut „Dossier“ 41,5 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben. Davon profitiert haben viele Medien, zu einem erheblichen Teil auch die des Boulevards.

Diese Boulevardmedien haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten im Match um die Michael-Häupl sehr offen auf die Seite von Michael Ludwig gestellt. Motto: Er oder das Chaos. Widersacherinnen, wie eben Brauner und Frauenberger, kommen dort nicht erst seit heute ganz, ganz schlecht weg.

„Wird von den Parteien der Boulevard so lange mit Inseraten gefüttert, bis sie endgültig vom Boulevard zum Abschuss freigegeben werden?“ (Michael Sprenger)

Womit Ludwig in eine Situation gerät, die bisher in seinem Sinne sein mag, längerfristig aber ziemlich verhängnisvoll für ihn werden muss: „Wird von den Parteien der Boulevard so lange mit Inseraten gefüttert, bis sie endgültig vom Boulevard zum Abschuss freigegeben werden?“, schloss der Innenpolitik-Journalist Michael Sprenger seine Rede anlässlich der Verleihung des Kurt Vorhofer-Preises 2017 an ihn. Was natürlich rhetorisch gemeint war: Inserate können vorübergehend unter Umständen eine wohlwollende Presse verschaffen. Beginnt diese aber, mit Politik zu machen, nimmt das Verhängnis seinen Lauf: Ein Politiker kann ja nicht nur Rücksicht nehmen auf die Berichterstattung. Er hat auch Parteifreunde und Wähler. Und hoffentlich auch ein paar inhaltliche Überzeugungen. Beachtet er diese auch nur zum Teil, läuft er über kurz oder lang Gefahr, „seine“ Medien zu vergrämen und irgendwann gegen sich aufzubringen. Sie wiederum haben nämlich auch andere Abhängigkeitsverhältnisse, sie beachten vielleicht Stimmungslagen, um Leser zu halten. Ja, es ist ein Pakt, der im Grunde genommen gar nicht gut ausgehen kann.

Man darf gespannt sein, was Ludwig nun tun wird; auch wenn er nicht mehr viele Wahlmöglichkeiten hat.

Doch so weit sind wir noch nicht: Zunächst einmal lässt dieser Boulevard sehr unmissverständlich wissen, dass Ludwig z.B. Frauenberger und Brauner entlassen muss. Und bei der Gelegenheit gleich auch die Bundesparteispitze umbauen könnte; SPÖ-Chef Christian Kern wird laut „Österreich“ vielleicht der 2. Nationalratspräsidentin Doris Bures weichen müssen. Wer weiß. Doch was wird Ludwig tun? Man darf gespannt sein; auch wenn er nicht mehr viele Wahlmöglichkeiten hat: Er ist schon ein Getriebener.

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