ANALYSE. Nachdem unter ÖVP-Führung bei Bürgermeister-Stichwahlen Unrecht begangen worden ist, werden nun zwei Wiederholungen notwendig. Wobei „Exil-Juden-Sager“ Dieter Egger ein Sieg in einem der beiden Fälle sicher scheint.
In den vergangenen Wochen und Monaten ist es um den Vorarlberger FPÖ-Chef Dieter Egger ruhig geworden. Nicht einmal in der Flüchtlingsdebatte ist er im Unterschied zu Parteikollegen, wie etwa Heinz-Christian Strache, aufgefallen. Nahliegende Schlussfolgerung: Egger wollte sich bereits für seine größte Wahl in Stellung bringen. Und dabei hatte er allen Grund, „gemäßigt“ aufzutreten. Er, der mit seinem „Exil-Juden“-Sager über die Grenzen des Landes hinaus von sich reden machte.
Bei der Bürgermeister-Wahl war Egger heuer im Frühjahr nur knapp ÖVP-Amtsinhaber Richard Amann unterlegen. Wie schon länger erwartet worden war, teilte der Verfassungsgerichtshof nun mit, das diese Wahl wiederholt werden muss; u.a., weil Wahlkarten nicht nur persönlich, sondern auch für Familienangehörige beantragt und auch ausgefolgt worden seien.
Diesmal dürfte Egger der Sprung ins Bürgermeister-Amt nicht mehr zu nehmen sein. Richard Amann hat sich in den Monaten seither weiter geschwächt. So wurde bekannt, dass die Gemeinde die Trennung von einer Stadtamtsdirektorin, die ihm unliebsam geworden war, 334.000 Euro kostete. Im Ländle, wo man besonderen Wert auf Sparsamkeit legt, ist so etwas ein Vergehen.
Dieter Egger hat zwei Gesichter. Das eine zeigt einen umgänglichen, freundlichen, verantwortungsbewussten 46-Jährigen, bei dem man sich wundert, dass er bei der FPÖ ist. Das andere widerspricht dem ganz.
Dieter Egger hat zwei Gesichter. Das eine zeigt einen umgänglichen, freundlichen, verantwortungsbewussten 46-Jährigen, bei dem man sich wundert, dass er bei der FPÖ ist. Das andere widerspricht dem ganz: Es ist jenes des Politikers, der (2009) den Chef des Jüdischen Museums der Stadt, Hanno Loewy, als „Exil-Juden aus Amerika“ bezeichnet und heuer an die Adresse des selbigen ausrichtet, „dass die Entscheidungen im Rathaus getroffen werden und nicht im Jüdischen Viertel“.
Dazu muss man wissen, dass die Wortfolge „Jüdisches Viertel“ in diesem Zusammenhang eine außerordentliche Bedeutung hat: In Vorarlberg gab es nie viele Juden. Dornbirn rühmte sich im Nationalsozialismus, die erste Stadt des Landes ohne Juden zu sein. Die Spuren der jüdischen Gemeinde von Hohenems wurden auch bald ausgelöscht – und sie blieben es bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Erst mit der Errichtung des Museums wurden sie für die breite Öffentlichkeit wieder aufbereitet.
Jetzt steht dieses Hohenems also davor, einen Bürgermeister zu bekommen, der einen tief sitzenden Antisemitismus bedient hat.
Weniger wahrscheinlich, aber durchaus möglich, ist im Übrigen ein Bürgermeister-Wechsel in der Vorarlberger Alpenstadt Bludenz: Auch dort ist laut Verfassungsgerichtshof eine Wahlwiederholung notwendig: In 60 Fällen seien Wahlkarten von Parteifunktionären für andere Personen beantragt und auch ausgestellt worden, was rechtswidrig ist.
In Bludenz wird Amtsinhaber Josef Katzenmayer, ÖVP, von einem Sozialdemokraten herausgefordert. Oder besser gesagt von einem Mann, der sich selbst als unabhängig und sozial, aber auch wirtschaftsfreundlich bezeichnet.
In Bludenz wird Amtsinhaber Josef Katzenmayer, ÖVP, von einem Sozialdemokraten herausgefordert. Oder besser gesagt von einem Mann, der sich selbst als unabhängig und sozial, aber auch wirtschaftsfreundlich bezeichnet, und der ausschließlich die Organisation einer Partei in Anspruch nimmt, um einen Wahlkampf schlagen zu können: Mario Leiter. Dem Polizeibeamten haben bei der Bürgermeister-Stichwahl im Frühjahr gerade einmal 27 Stimmen auf das Bürgermeister-Amt gefehlt. Zumal die Volkspartei in Bludenz aber nicht ganz so miserabel aufgestellt ist wie in Hohenems, wird’s nicht ganz so einfach sein, dieses Ergebnis nun noch einmal zu übertreffen.