JOHANNES HUBER AUF VIENNA.AT. Der Stadtschulrat ist kein Vorbild für die übrigen Länder. Zumal Parteipolitik in diesem Bericht nichts verloren hat.
Kaum haben sich Lehrer und Schüler in die Sommerferien verabschiedet, sinniert Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) über die Schulreform: Möge die gesamte Lehrerverwaltung doch in allen Bundesländern an einer Stelle gebündelt werden; wie in Wien eben, wo der Stadtschulrat dafür zuständig ist. Was grundsätzlich vernünftig klingt, hat einen Haken: Parteibuchwirtschaft würde damit zu ganz neuer Hochblüte gelangen. Und das ist genau das, was im 21. Jahrhundert niemand mehr braucht. Im Gegenteil: An Schulen soll endlich allein das gemacht werden, wozu sie da sind; Kinder sollen mit Unterstützung qualifizierter Pädagogen bestmöglich gebildet werden. SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, NEOS und wie sie alle heißen, haben da nichts zu suchen.
Doch es gehört zu den österreichischen Unsitten, dass einige Parteien der Verlockung nicht widerstehen wollen. Zum Teil erhalten sie dafür ja sogar eine gesetzliche Grundlage. Landes- oder Stadtschulratspräsident ist noch immer der jeweilige Landeshauptmann oder Bürgermeister. In Wien ist dies Michael Häupl. Wie seine Kollegen kümmert er sich jedoch nicht selbst ums Tagesgeschäft. Dafür gibt es eine amtsführende Präsidentin: Susanne Brandsteidl.
Sie ist zwar einmal im Schuldienst gestanden und bringt daher die fachlichen Qualifikationen mit. Das allein ist für ihre Bestellung vor 14 Jahren aber wohl nicht ausschlaggebend gewesen. Brandsteidl ist jedenfalls auch SPÖ-Funktionären. 2013 zog sie beispielsweise als Spitzenkandidatin für die Josefstadt in den Nationalratswahlkampf. Zum Mandat reichte es dann allerdings nicht. Glücklicherweise.
Die parteipolitische Durchdringung der Schulverwaltung gibt es nicht nur in Wien und auch nicht nur in der sozialdemokratischen Hemisphäre. Anzutreffen ist sie auch in Niederösterreich und in anderen Bundesländern. Und auch die Freiheitlichen können der Verlockung nicht widerstehen. Heinz-Christian Strache wollte im vergangenen Jahr etwa seinen Gefolgsmann, den schlagenden Burschenschafter Maximilian Kraus, als Vizepräsident des Wiener Stadtschulrates durchsetzen. Gescheitert ist das Unterfangen am Veto Häupls.
Was Parteipolitik im Schulwesen bedeutet, können Lehrer und ganz besonders Direktoren erzählen. Wer Karriere machen oder auch nur einen Wunsch, wie die Beschäftigung an einer bestimmten Schule, erfüllt bekommen möchte, der sollte bei der richtigen Partei sein. Das hilft. Damit kommt man eher zum Ziel. Sonst hat man das Nachsehen. Oder, wie Zyniker behaupten, „Pech gehabt“.
In Wien erreicht diese Praxis durch die Bündelung der gesamten Schulverwaltung beim Stadtschulrat eine besondere Qualität. Womit die Forderung, alle Länder mögen diesem Beispiel folgen, einer gefährlichen Drohung gleichkommt. Vernünftig wäre es vielmehr, diese unnötige Einrichtung zu entmachten und die Schulautonomie zu stärken. Sodass sich Direktoren etwa selbst die Lehrer aussuchen können, die sie für ihre Schüler wirklich brauchen. Damit würden Politiker zurückgedrängt werden. Doch ob Häupl und Co. so etwas zulassen, ist zu bezweifeln. Leider.