ANALYSE. Niederösterreich weist im Bundesländer-Vergleich eine hohe Verschuldung und eine niedrige Wirtschaftsleistung aus.
Dass der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) viel geleistet hat, bezweifelt niemand. Kaum hatte er am 17. Jänner seinen Rücktritt angekündigt, wurde er denn auch für sein Werk ausgezeichnet: Seine Stellvertreterin, Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), überreichte ihm „in Anerkennung und Würdigungen seiner herausragenden und vielseitigen Verdienste um das Bundesland“ einen Ehrenring: „Du hast aus Niederösterreich das gemacht, was es heute ist – ein starkes, selbstbewusstes Bundesland und eine Region, die Ansehen erlangt hat in ganz Europa“, betonte sie.
Damit lehnte sie sich sehr weit hinaus aus dem Fenster. Nicht, dass ihr das gefährlich werde könnten; es ist nur so, dass sich diese Aussage nicht durch Fakten belegen lässt. Wie gesagt: Pröll hat Ungewöhnliches zustande gebracht. Seiner Partei sicherte er eine absolute Mehrheit. Gegenüber Bürgern, und darunter ganz besonders Künstlern, zeigte er sich immer wieder großzügig. Auch hat es das Land seiner Macht zu verdanken, dass es von Bundespolitikern überaus vorsichtig behandelt wurde. Der eine oder andere musste das erst lernen. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) etwa erfuhr über den damaligen Schatzmeister Prölls, Wolfgang Sobotka, dass Überlegungen, alle Länder zur Abwicklung der Heta bzw. Hypo Alpe Adria einzubinden, weniger klug sind.
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Für die Bilanz eines Landeshauptmannes kann es nach 25-jähriger Amtszeit aber nicht entscheidend sein, wie seine Partei und allfällige Günstlinge dastehen, sondern wie es dem Land insgesamt geht. Und dieses Ergebnis ist durchwachsen, wie fünf Indikatoren zeigen.
1. Erwerbstätigenquote. Erfreulich steht Niederösterreich im Bundesländer-Vergleich bei der Erwerbstätigenquote da. Mit 73,1 Prozent gehen laut Statistik Austria drei von vier Bewohner im Alter von 15 bis 65 Jahren einem Job nach. Das sind überdurchschnittlich viele. Der österreichweite Durchschnittswert beträgt 71,1 Prozent.
2. Arbeitslosenquote. Weniger gut schaut es bei der Arbeitslosenquote aus. In Niederösterreich betrug sie laut AMS im vergangenen Dezember immerhin 10,9 Prozent. Damit war sie etwa doppelt so hoch wie in Salzburg, wo sie mit 5,5 Prozent am niedrigsten war.
3. Wirtschaftsleistung. Das Brutto-Regional-Produkt pro Kopf fällt für Niederösterreich ernüchternd aus. 32.500 Euro im Jahr 2015 entsprachen Platz acht von neun Bundesländern. Niedriger war es nur im Burgenland (27.500 Euro). Selbst in Kärnten, das zurecht immer wieder als Problemland bezeichnet wird, ist es mit 33.300 Euro etwas höher gewesen. In Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Wien betrug es jeweils mehr als 40.000 Euro.
4. Forschungsquote. Einer von vielen Indikatoren für den Entwicklungsstand eines Landes ist die Forschungsquote. Österreichweit beträgt sie 2,96 Prozent, in Niederösterreich ist sie mit 1,60 Prozent nur etwa halb so hoch.
5. Finanzlage. Die Verschuldung von Land und Gemeinden Niederösterreichs ist ein Riesenproblem. Mit 4412 Euro pro Einwohner war sie im Jahr 2015 nur in Kärnten etwas höher (4680 Euro). In diese Dimensionen ragt ansonsten nur die Steiermark hervor. Am besten steht Tirol dar; und zwar mit 1399 Euro.