ANALYSE. Der Präsidentschaftskandidat hat ein Mobilisierungsproblem. Kein Wunder: Viel Unterstützung bekommt er nicht.
Dreieinhalb Wochen vor der Bundespräsidenten-Wahl wird der Hinweis, Meinungsumfragen dürften nicht überbewertet werden, wirkungslos. Zu viele beginnen, an die Stimmungslage, die da gezeichnet wird, zu glauben – und allenfalls Hoffnungen zu begraben. Genau das droht nun der ÖVP und ihrem Kandidaten Andreas Khol zum Verhängnis zu werden.
Mit einem Sample von jeweils 1000 Befragten lieferten die Meinungsforschungsinstitute SORA und Spectra in der Karwoche die bisher fundiertesten Umfrageergebnisse: Weit vorne lag der Grüne Alexander Van der Bellen mit 29 bzw. 30 Prozent. Nicht nur hinter diesem, sondern auch den Mitbewerbern Norbert Hofer (FPÖ), Irmgard Griss und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zurück befindet sich ÖVP-Kandidat Andreas Khol; er musste sich mit 12 bzw. 13 Prozent begnügen.
Ein solches Niveau ist der ÖVP bzw. einem ihrer Vertreter vor einer bundesweiten Wahl noch nie beschieden worden.
Das ist ein Alarmsignal für die Volkspartei. Ein solches Niveau ist ihr bzw. einem ihrer Vertreter vor einer bundesweiten Wahl noch nie beschieden worden. Dass Khol ein Problem damit hat, Leute zu mobilisieren, ist offenkundig: Auch „Google Trends“ untermauert dies. Dabei handelt es sich um eine Dokumentation dessen, was die Menschen bewegt; danach suchen sie nämlich gerade auch im Netz. Die Auswertung für die genannten Präsidentschaftskandidaten ist nahezu deckungsgleich mit den Umfrageergebnissen: Vorne liegt Van der Bellen, hinten Andreas Khol (siehe Grafik).
Was dem ÖVP-Kandidaten fehlt, ist ganz offensichtlich die Unterstützung durch eigene Parteifreunde, die selbst über eine gewisse Zugkraft verfügen. Mehr als ein Pflichtprogramm gibt es da nicht. Sebastian Kurz, der Hoffnungsträger der Partei schlechthin, hat Khol im Jänner höflich zu seiner Kandidatur gratuliert. Wenig später ließ Khol wissen, dass er gemeinsam mit Kurz wahlkämpfen wolle. Da und dort ist auch eine Veranstaltung geplant, Mitte April etwa ein „Campus-Gespräch“ der beiden in Wien. Begeisternd wirkt das wohl kaum.
„Heißer Eislutscher“ (Andreas Khol im Frühjahr 2015 über Forderung der Jungen ÖVP)
Kein Wunder: Es ist noch kein Jahr her, da tat sich Khol auf einem Bundesparteitag allzu überheblich über die Forderung der Jungen ÖVP von Sebastian Kurz hinweg, ein Mehrheitswahlrecht einzuführen; das sei ein „heißer Eislutscher“.
Die Rückendeckung, die Khol durch ÖVP-Landeshauptleute erfährt, ist bescheiden. Zusagen, wie jene des Niederösterreichers Erwin Pröll, gibt es zwar. Was bisher zu sehen und zu hören ist, ist jedoch nichts im Vergleich mit den Möglichkeiten, die die Landeshauptleute haben: Wenn sie wollen, können sie Hallen füllen und über Regionalmedien die Werbetrommel rühren. Im Falle Khol tun das jedoch nicht einmal alle über ihre Partei-Internetseiten; auf den Seiten der Salzburger und der Vorarlberger ÖVP etwa muss man Hinweise auf die Präsidentenwahl suchen.
Aus seiner Sicht könne man auf Khol als Klubchef verzichten. (Herbert Sausgruber im September 2002)
Auch hier kann mitspielen, dass die Vergangenheit Khol zum Verhängnis wird. Als Klubobmann in der Ära Schüssel hat er Anfang der 2000er den Ländern schon einmal gezeigt, was er von ihren Interessen hält. Aus dieser Zeit stammt denn auch die Aussage, die der damalige Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber im September 2002 über den ORF verbreitete: Aus seiner Sicht könne man auf Khol als Klubchef verzichten.