ANALYSE. Die Bildungsreform sorgt für weitere Verzögerungen. Die gegenwärtige Politikergeneration wird eine flächendeckende Einführung kaum noch beschließen können.
Will die SPÖ die Schule der Zehn- bis 14-Jährigen überhaupt noch? Schon bisher hat man zweifeln müssen: Nicht sozialdemokratisch geführte Bundesländer forderten zunächst Modellregionen, sondern „schwarz-grüne“ (Vorarlberg, Salzburg, Tirol). Und jetzt ist Wien zwar nachgezogen, im rot-grünen Koalitionsvertrag ist das Vorhaben aber bemerkenswert unverbindlich formuliert und vor allem ohne Zieldatum versehen. Doch was soll’s: Mit der Bildungsreform ist die Gemeinsame Schule ohnehin auf die lange Bank geschoben – es werden weitere Jahrzehnte verstreichen, bis sie flächendeckend vielleicht eingeführt wird.
Vorgesehen ist zunächst eine Beschränkung: Maximal 15 Prozent aller Schüler sowie Schulen eines Landes dürfen in eine Modellregion fallen. Und erst dann, wenn sich eine solche Modellregion bewährt hat, soll über eine flächendeckende Ausweitung beraten werden.
Selbst in Vorarlberg, wo man auf dem Weg zu einer Modellregion zur Gemeinsamen Schule schon sehr weit ist, dauert es noch neun, zehn Jahre, bis man damit loslegen kann.
Das Problem: Selbst in Vorarlberg, wo man auf dem Weg zu einer Modellregion zur Gemeinsamen Schule schon sehr weit ist, dauert es Projektbeteiligten zufolge noch neun, zehn Jahre, bis man damit loslegen kann. Zumal es nicht mit einer Änderung des Türschilds getan ist: Anpassungen sind vor allem auch bei der Lehrerausbildung notwendig. Darüber hinaus ist zusätzliches Personal erforderlich und da und dort müssen Schulen auch noch ausgebaut werden. Soll heißen: Die Modellregion kann 2024, 2025 starten. Der erste Jahrgang schließt damit 2028, 2029 ab. Die Ergebnisse überprüfen und Konsequenzen daraus ziehen nimmt weitere Zeit in Anspruch. Sprich: Vor 2030 ist mit einer österreichweiten Einführung der Gemeinsamen Schule nicht zu rechnen.
Eine echte Modellregion ist folglich nur in Vorarlberg realistisch. Schon im benachbarten Tirol handelt es sich um eine Schimäre.
Abgesehen davon kann die Gemeinsame Schule nur dann funktionieren und aussagekräftige Ergebnisse liefern, wenn Eltern die Möglichkeit genommen wird, ihr Kind in ein Gymnasium zu geben. Eine echte Modellregion ist folglich nur in Vorarlberg realistisch – sofern die geplante Einschränkung, sie nicht in einem ganzen Land zuzulassen, fällt. Schon im benachbarten Tirol handelt es sich um eine Schimäre: Sie soll sich aufs Zillertal beschränken, wo es ohnehin keine AHS-Unterstufe gibt und daher schon heute dutzende Schüler in die Gymnasien im Inntal ausweichen. In Salzburg ist man da konsequenter gewesen: Nachdem man keine „geschlossene“ Modellregion fand, hat man das Projekt abgeblasen.
Ähnliche Probleme würde es bei einer Modellregion in Wien geben, wo es noch dazu Privatschulen gibt, die verstärkt zu Ausweichschulen für AHS-Anhänger werden könnten: Gymnasien in der Umgebung, von Mödling bis Klosterneuburg, gibt es dort in erreichbarer Entfernung viele. Doch die neue alte Stadtregierung hat ihre diesbezüglichen Ziele, wie eingangs erwähnt, ohnehin nur sehr vage formuliert.