Burgenland unter Niessl: Abräumen und dann abschotten?

ANALYSE. Dass ausgerechnet der burgenländische Landeshauptmann an den Grundfesten der europäischen Integration rüttelt, ist bemerkenswert.

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ANALYSE. Dass ausgerechnet der burgenländische Landeshauptmann an den Grundfesten der europäischen Integration rüttelt, ist bemerkenswert.

 

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) erneuerte im ORF-Radio seine Forderung, den Zugang für EU-Ausländer zum österreichischen Arbeitsmarkt zu beschränken. Ausgerechnet Niessl: Kein anderes Bundesland hat in der Vergangenheit so sehr von der europäischen Integration profitiert wie seines; und in fast allen anderen ist die Arbeitslosigkeit zuletzt stärker gestiegen.

Ja, im Burgenland ist die Arbeitslosenquote relativ hoch: 12,3 Prozent betrug sie laut AMS im Februar. Nur in Kärnten (13,8 Prozent) und vor allem der Bundeshauptstadt (14,7 Prozent) war sie noch höher. Das ist jedoch nichts Neues. Im Gegenteil: Vor fünf Jahren stand das Burgenland – relativ gesehen – noch schlechter da. Anders ausgedrückt: Seit Februar 2011 ist die Arbeitslosigkeit in fast allen anderen Bundesländern – zum Teil wesentlich stärker – gestiegen; in Salzburg und Wien etwa um ein Drittel. Das Burgenland kam mit einer Zunahme von einem Zehntel davon.

So gesehen hätte jeder andere Landeshauptmann mehr Gründe, ausgerechnet jetzt „Alarm“ zu rufen. Doch auch schon in der Vergangenheit war die Legitimationsgrundlage bescheiden: Allein von 2007 bis 2013 flossen ins Burgenland EU-Strukturförderungsmittel in Höhe von 177,17 Millionen Euro. Mehr als in jedes andere Bundesland.

Wie sehr die Gegend um den Neusiedlersee von der europäischen Integration mit den Grenzöffnungen und den Freizügigkeiten profitiert hat, lässt sich auch anhand der Entwicklung des Bruttoregionalprodukts pro Kopf ermessen. Für die Burgenländer weist die Statistik zwar nach wie vor den geringsten Wert aus, den Rückstand haben sie aber immerhin verkleinern können.

Ein Beispiel: 2000 betrug das Pro-Kopf-BIP im Burgenland 17.300 Euro. Im benachbarten Niederösterreich war es mit 37.100 Euro mehr als doppelt so hoch. Bis 2014 wuchs die Summe im Burgenland jedoch um 53 Prozent auf 26.500 Euro und in Niederösterreich nur halb so stark (um 27 Prozent) auf 47.300 Euro.

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