BERICHT. Wer Demokratie in Österreich sturmfest machen und Medien stärken möchte, sollte ein neues Staatsgrundgesetz erstellen.
Im Beitrag mit dem Titel „Medien in Gefahr“ hieß es, dass man grundsätzlich, also in der Verfassung, ein Bekenntnis zu informierten Bürgerinnen und Bürger und daher auch unabhängigem Journalismus festhalten könnte. Es würde auch der Ansage des Kanzlers entsprechen, Österreich „sturmfest“ zu machen gegen einen wie Kickl, der im Geiste von Trump die Absicht verfolgt, „aufzuräumen“.
Verhindern könnte man das nicht, man könnte aber tun, was geht. Denkt man die Sache mit der Verfassung durch, stellt sich zunächst Ernüchterung ein: Ein passender Ort zur Verankerung des erwähnten Bekenntnisses wäre das Staatsgrundgesetz. Es stammt jedoch aus dem Jahr 1867 und ist aus der Zeit gefallen. Weil es von einem Kaiser ausgeht.
Es war eine Errungenschaft, wurden damit doch Bürgerinnen und Bürger massiv gestärkt gegenüber diesem. Heute wäre jedoch etwas ganz anderes erforderlich: Eine Stärkung des demokratischen Rechtsstaates im Sinne der Bürgerinnen und Bürger gegen einen, der mit neuen Möglichkeiten und Mitteln autoritäre Verhältnisse einführen will.
Das Staatsgrundgesetz aus dem Jahr 1867 existiert noch, weil sich die Parteien zu Beginn der Ersten Republik nicht auf einen Grundrechtskatalog einigen konnten. Ergebnis: Das Gesetz wurde nur notdürftig angepasst. Der Langtitel lautet nach wie vor: „Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder.“
Einen Artikel 1 gibt es, er ist aber ohne Inhalt. Dieser wurde gestrichen. Kein Wunder. Er lautete: „Für alle Angehörigen der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder besteht ein allgemeines österreichisches Staatsbürgerrecht. Das Gesetz bestimmt, unter welchen Bedingungen das österreichische Staatsbürgerrecht erworben, ausgeübt und verloren wird.“
Für diesen Beitrag zentral ist jedoch Artikel 13. Hier geht es um Meinungs- und Medienfreiheit bzw. das, was man im 19. Jahrhundert darunter verstanden hat: „Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. Die Presse darf weder unter Censur gestellt, noch durch das Concessions-System beschränkt werden. Administrative Postverbote finden auf inländische Druckschriften keine Anwendung.“
Das ist nicht lustig: Das Staatsgrundgesetz ist fundamentales Recht, es ist ernst zu nehmen, im Streitfall kann man sich vor dem Verfassungsgerichtshof darauf berufen. Es gehört daher dringend in die Zeit geholt.
Meinungs- und Medienfreiheit stehen heute anders unter Druck. Es gibt nicht mehr nur die „Presse“, Medien oder besser Journalismus muss nicht mehr nur vor „Censur“ bewahrt werden. Es geht um Kampagnen, die Politik gegen ihn betreibt (siehe Trump), um parteipolitisch motivierten Machtmissbrauch über einen ORF-Stiftungsrat und Inseratenwillkür zugunsten ausgewählter Blätter etwa; oder um verhältnismäßig kleine Förderungen, die zum Teil noch dazu ihr Ziel verfehlen.
Da ist die Charta der Grundrechte der Europäischen Union schon weiter. In Artikel 11 heißt es: „Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“
Natürlich: Die Charta gilt auch für Österreich. Und natürlich: Garantiert ist durch eine solche Formulierung wenig. Aber: Wesentlich wäre, dass aus Österreich heraus in einem Prozess, der in der Bevölkerung wahrnehmbar ist, Vergleichbares geschaffen wird für Österreich. Dadurch würde Bewusstsein gebildet werden bzw. Widerstandskraft gegen autoritäre Kräfte gestärkt werden.
Im Übrigen wäre es möglich, Formulierungen zu präzisieren, also etwa festzuhalten, dass die Freiheit der Medien und ihre Pluralität nicht nur geachtet, sondern auch gefördert werden müssen, dass sie unverzichtbar sind für die Demokratie. Es handelt sich schließlich um ein Grundgesetz, dem einfache Gesetze genauso zu entsprechen haben wie politische Maßnahmen; durch das einem wie Kickl Schranken gesetzt werden könnten.