ANALYSE. Schön für Österreich, schön für Countertenor JJ, dass er den Song Contest gewonnen hat. Es zeigt sich aber auch, wie weit es Medienpolitik kommen lassen hat.
Johannes Pietsch alias JJ hat den Song Contest 2026 nach Österreich gebracht und viele freuen sich: Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) lassen es sich nicht nehmen, ihm nach dem großen Erfolg am Ballhausplatz eine Art Staatsempfang zu bereiten. Auch der ORF freut sich. Oder auch nicht: Es seien generell herausfordernde Zeiten, erklärt Generaldirektor Roland Weißmann in einem „Presse“-Interview. Und es wird durch den Song Contest im kommenden Jahr neben Olympischen Winterspielen und einer Fußball-Weltmeisterschaft noch herausfordernder für ihn und seine Leute: Wie sie das finanziell bewältigen werden, weiß er selbst nicht: „Es wäre Zauberei, wenn ich schon eine Antwort hätte.“
Der letzte Song Contest in Österreich hat den ORF vor zehn Jahren unterm Strich deutlich über zehn Millionen Euro gekostet. Mit Inflation und allem Drum und Dran dürfte es sich nun wohl locker um das Doppelte handeln. Das hat der ORF nicht mehr. Er ist nicht arm, aber die Regierung schaut, dass er spürbar sparen muss.
Was nicht von vornherein schlecht ist, aber einen Beigeschmack hat: Es geht darum, der FPÖ Wind aus den Segeln zu nehmen, die den ORF bekanntlich verachtet. Also wurde frühzeitig fixiert, dass die Haushaltsabgabe, die an ihn fließt, bis 2029 nicht einmal wertgesichert wird. Dass es real also zu einer Kürzung kommt. „Gagenlisten“, über die sich Boulevard und Teile der Öffentlichkeit gemeinsam mit Kickl und Co. empören, sollen das legitimieren.
Jetzt steht der ORF da und weiß nicht, wie er den Song Contest über die Bühne bringen könnte. Als Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz in der Nacht auf Sonntag ein Kuvert mit der offiziellen Einladung zur Abhaltung der Show im kommenden Jahr übergeben wurde, fragte sie auf Englisch, ob der Koffer mit dem Geld auch noch komme. Damit bewies sie Humor. Es ist anzunehmen, dass die Regierung schon eine Sonderlösung finden wird, das jedoch hat dann nichts mehr mit Medienpolitik zu tun.
Wie man sich aufgrund dessen, was hierzulande als Medienpolitik gilt, überhaupt Sorgen machen muss: Es ist Rezession, Werbeerlöse haben weiter nachgelassen und es gibt zurzeit keine Regierungsinserate. Selbstverständlich: Sie sind ein untaugliches Instrument zur Förderung von Medien und gehören daher durch ausgeweitete echte Förderungen ersetzt.
Dazu ist aber eine erste Idee in Umsetzung, die eher nur gut gemeint ist: Ab 2026 wird der Bund jungen Leuten ein „Meine-Zeitung-Abo“ finanzieren. Das ist wirklich der Titel der Aktion, für die Zeitungen bis zu 30 Millionen Euro erhalten sollen. Es kann als Demokratieförderung betrachtet werden, ist vor allem aber als Medienförderung gedacht.
Problem 1: Hier werden voraussichtlich sehr klassische Medien gestärkt, von Krone auf- oder abwärts (je nachdem, wie man’s sieht). Also eher nicht auch innovative, die daran arbeiten, Journalismus in einem neuen Rahmen stattfinden zu lassen, der vielleicht auch wirtschaftlich besser funktioniert. Problem 2: Es bleibt abzuwarten, ob ein nennenswerter Teil dieser Abonnenten letzten Endes auch zu selbst zahlenden Abonnenten wird. Sprich: Im schlimmsten Fall bleiben Zeitungen abhängig davon, dass diese Aktion immer weiter geführt wird – weil sie, von denen zu viele ohnehin schon zu kämpfen haben, sonst erst recht am Ende wären.