ANALYSE. Österreich ist nicht weit von dem entfernt, was in den USA läuft. Für einen wie Trump ist hierzulande gar schon zu viel angerichtet.
Jimmy Kimmel hatte in seiner Late-Night-Show unter anderem festgestellt, dass die MAGA-, also „Make America Great Again“-Bewegung von US-Präsident Donald Trump versuche, politisches Kapital aus der Ermordung von Charlie Kirk zu schlagen. Also etwas, was sich durch die Trauerfeier am Wochenende bestätigt hat – Trump missfiel es jedoch und schon setzte das zu Disney gehörende Netzwerk ABC Kimmels Show „auf unbestimmte Zeit“ ab.
So weit ist es mit dem vorauseilenden Gehorsam in Österreich zum Glück nicht. Es regiert auch keiner wie Trump. Freiheitliche würden es jedoch gerne tun. Und nicht nur weil sie weiterhin klar auf Platz eins liegen in Umfragen, sollte man das ernst nehmen. Es gibt mehrere Gründe dafür.
Nach dem tragischen Unfalltod von Felix Baumgartner Mitte Juli protestierte FPÖ-Generalsekretär und -Mediensprecher Christian Hafenecker über die ORF-Berichterstattung. Er empörte sich, dass nicht ausschließlich Baumgartners „herausragenden Leistungen“ gewürdigt worden seien, sondern er „für seine politischen Ansichten post mortem öffentlich denunziert“ worden sei; dass eine „moralische Hinrichtung“ durchgeführt worden sei.
Felix Baumgartner war eine vielschichte Persönlichkeit. Er hat seine Reichweite, die er sich als Extremsportler erarbeitet hat, auch dafür genützt, sich politisch zu exponieren. Zu Migration, Identitären, Frauen und Corona weit rechts der Mitte. Es in einem Nachruf nicht zu berücksichtigen, wäre eine Auslassung. Es hat nichts mit einer Verurteilung zu tun, sondern ist Teil eines Ganzen.
Wichtiger: Christian Hafenecker nützte seinen Protest, um gleich eine „Rundfunkreform“ zu fordern und die Abschaffung der Haushaltsabgabe („Zwangsbeitrag“) zu verlangen. Was er sich im Sinne von Kickl vorstellt, ist bekannt: Ein direkt aus dem Budget finanzierter „Grundfunk“, der liefert, was eine Regierung erwartet, die über den Finanzminister den Geldhahn bedient; die diesen aufdreht oder zudreht, je nachdem.
An jedem Tag, an dem eine solche Medienpolitik noch nicht praktiziert wird, sollte man sich fragen, was läuft; und was vorsorglich getan wird.
Bleiben wir zunächst beim Öffentlich-Rechtlichen: ÖVP und SPÖ sind noch immer nicht bereit zu einer Entparteipolitisierung des Stiftungsrates zu schreiten. Das wäre jedoch entscheidend: Es gehören gesetzliche Voraussetzungen präzisiert und eine Praxis eingeführt, die dafür steht, dass in diesem Gremium ausschließlich Leute sitzen, denen glaubwürdig an unabhängigen Journalismus gelegen ist. Die also nicht Teile ihres Berufslebens in einer Partei tätig waren und dann irgendeine Agentur gegründet haben, die genau nichts mit Journalismus oder auch Medienökonomie zu tun hat.
Damit würden Maßstäbe gesetzt werden, die Kickl erst rückgängig machen müsste; die es ihm zumindest weniger einfach mache würden. Gemacht wird jedoch nur ein Bruchteil des Notwendigen: Es bedurfte schon eines pinken Kraftaktes, um ÖVP und SPÖ dazu zu bewegen, die De-facto-Bestellung von ORF-Landesdirektoren durch Landeshauptleute zu streichen.
Medien sind auch in Österreich in Gefahr. Gerade ist die Meldung gekommen, dass der „Standard“ trotz guter Reichweitenentwicklung Personal abbauen muss. Negativen Entwicklungen am Werbemarkt hätten die Geschwindigkeit der Transformation erhöht, schreibt die Qualitätszeitung.
Für Private gibt es keine Haushaltsabgabe und es laufen Veränderungsprozesse, die politisch nicht wahrgenommen oder gar befeuert werden. Dass Regierungsinserate gekürzt werden, ist an sich nicht schlecht. Dass man auf kostengünstigere Onlineschaltungen umsteigen möchte, wie der Kanzler berichtete, kann jedoch bedeuten, dass weniger in journalistische Medien und mehr in soziale Medien wie Facebook fließt. Im vergangenen Jahr gingen von allen Ministerien zusammen immerhin schon 600.000 Euro dorthin. „Bravo.“ Und weil schon von Facebook die Rede ist: Das Regierung Stocker ist es auch, die Kabinettsmitarbeiter parteipolitische Öffentlichkeitsarbeit auf solchen Kanälen betreiben lässt; auf Kosten der Steuerzahler. Es ist wie ein Wink an klassische Medien: „Wir brauchen Euch nicht mehr.“
Wenn, dann gibt es bisher allenfalls tollpatschige Bemühungen um Journalismus. Jugendlichen ein Zeitungs-Abo zu finanzieren, ist so ein Beispiel. Im Regierungsprogramm heißt es wirklich „Zeitungs-Abo“. Nicht zahlungspflichtige journalistische Inhalte oder so, jedenfalls von Medien stammend, die dem qualitätssichernden Presserat angehören. Aber sei’s drum: Genau das ist eine Förderung, die eine nächste Regierung ruck-zuck streichen könnte. Sie soll immerhin 30 Millionen Euro betragen. Für einzelne Titel kann es da gleich einmal um existenzielle Summen gehen.
Vielleicht wäre es notwendig, in der Verfassung zu verankern, dass es im Sinne der Demokratie informierte Bürgerinnen und Bürger und daher unabhängigen Journalismus geben soll. Vielleicht sollte man dabei auch klären, dass staatliche Mittel zur Sicherung eines solchen über eine weisungsfreie Behörde zu vergeben sind, und welche Ziele im Einzelnen erreicht werden sollen, sodass sich daraus ein gewisses Fördervolumen ableitet, über das sich nicht einmal ein allfälliger Medienminister Hafenecker so mir nichts, dir nichts hinwegsetzen könnte.