ANALYSE. Die Gewährung von Qualitätsförderung für Boulevard- und Krawallmedien spricht Bände.
Es muss nicht unbedingt ein Donald Trump oder ein Herbert Kickl am Werk sein, damit etwas passiert, was demokratiepolitisch übel ist. Siehe die Gewährung von „Qualitätsjournalismus-Förderung“ an das „rechte Krawallmedium Exxpress“ (Der Standard) in Höhe von über 41.000 Euro, aber auch Boulevard- bzw. Gratiszeitungen wie Österreich-oe24 und Heute in Höhe von 830.000 bzw. 660.000 Euro. Es handelt sich um Zynismus, der von Journalismus-Verachtung zeugt.
Ex-Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zeichnete für die Einführung der „Qualitätsjournalismus-Förderung“ vor bald drei Jahren verantwortlich. „Qualität“ war ein Vorwand, nie ernstgemeint. Das zeigt etwa eine Stellungnahme des Medienwissenschaftlers Josef Trappel zum damaligen Begutachtungsentwurf. Liest man sie, kann man sich über nichts mehr wundern.
Trappel weist darauf hin, dass die neue Förderung mit rund 20 Millionen Euro deutlich höher ist als die bestehende Presseförderung – und, obwohl eben von Qualitätsjournalismus die Rede ist, keine Mitgliedschaft beim Österreichischen Presserat vorausgesetzt werde. Dies sei „angesichts der qualitätssichernden Aufgabe des Presserates unverständlich“.
Zweitens: Ebenso unverständlich ist laut Trappel, dass Gratiszeitungen nicht ausgeschlossen werden. Dieser Zeitungstyp leiste „einer umfassenden Kommerzialisierung Vorschub und erschwere jenen Titeln den Wettbewerb, die sich gemischt finanzieren (Verkauf an Leser:innen und Werbung)“. Abgesehen davon würden entsprechede Titel „in der gängigen öffentlichen Klassifizierung nicht als Qualitätsmedien (gelten), was dem Förderungszweck widerspricht“.
Wie recht Trappel hatte: Der Rechnungshof hat Missstände gerade bestätigt. In einem Bericht weist er darauf hin, dass bei der Förderungsvergabe „konkrete Qualitätskriterien nur in seltenen Fällen als Voraussetzung verwendet“ worden seien. Außerdem seien neue Medienunternehmen, geschweige denn Medieninnovationen, bisher nicht gefördert worden. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Förderungen an eine Mindestbestehensdauer der Medien geknüpft sind.
Und es ist beabsichtigt: Wie die Vergabe von Inseraten dient sogenannte Qualitätsjournalismus-Förderung nicht dazu, Journalismus zu stärken, der für informierte Bürger relevant ist, sondern dazu, reichweitenstarke Blätter zu stützen, die der Politik im Hinblick auf Wahlen nützlich sind, sofern sie zufriedengestellt werden. Medien wie „Exxpress“ können unter diesen Umständen wiederum schwer nicht gefördert werden; im Gegenteil, gerade weil die Kriterien quasi „boulevardgerecht“ sind, haben auch sie Chancen, unterstützt zu werden.
Immerhin: Medienminister Andreas Babler (SPÖ) hat nun angekündigt, das ändern zu wollen: Ihm sei wichtig, Qualität zu fördern und nicht irgendwen. Auf’s Ergebnis wird es ankommen.