ANALYSE. Bei den Regierungsverhandlungen engagieren sich Freiheitliche im Sinne von „Fake News“, die für die Demokratie gefährlich sind und gegen Medienkompetenz, die für die Demokratie relevant wäre. Und überhaupt.
Ob Blau-Schwarz zustande kommt, ist derzeit (10. Februar, 19 Uhr) offen. Wie sehr das geleakte 223 Seiten-Verhandlungsprotokoll dem Letztstand entspricht, ebenso. Es ist jedoch relevant, zeigt es doch, wie FPÖ und ÖVP ticken. Was wohl auch das Motiv der Seite ist, die das Ganze öffentlich werden ließ: Das Gegenüber soll vorgeführt werden.
Zurück zum Inhalt und hier wiederum zum Medienkapitel. Es ist so ausführlich, dass man daraus schließen kann, dass in diesem Bereich sehr viel Handlungsbedarf geortet wird. Den gibt es zwar, diskutierte Maßnahmen verheißen jedoch nichts Gutes. Sie sind vielmehr bedrohlich.
Zu „Fake News“ und Medienkompetenz verlangt die FPÖ so ziemlich das Gegenteil von dem, was naheliegend erscheinen würde und von der ÖVP immerhin vorgeschlagen wird. So ist sie dagegen, dass allen österreichischen Schülerinnen und Schülern ab der siebten Schulstufe Tages- und Wochenzeitungen via App zur Verfügung gestellt werden. Gegen einen Schwerpunkt „Medienkompetenz“ in Schulen und Bildungseinrichtungen inklusive Erwachsenenbildung ist sie mit der Begründung, dass dabei weder Unparteilichkeit noch Objektivität gewährleistet wäre. Das Wording „Fake News“, für die Schüler sensibilisiert werden sollen, lehnt sie überhaupt ab.
Bei Medienförderungen und Inseraten lässt die Partei von Herbert Kickl ebenfalls tief blicken: Von der ÖVP kommt die Forderung, „keine Inserate in extremistischen Medien (etwa bei Gewaltaufrufen, Verstoß Strafrecht etc.)“ zu schalten. Für die FPÖ wären Schaltungen in solchen Medien jedoch kein Problem. Sie sieht hier keinen Ausschließungsgrund. Umgekehrt stellt sie sich gegen eine Erhöhung der Qualitätsjournalismusförderung.
„Die FPÖ plant ein Pro-Fake-News-Programm und die Zerstörung etablierter Medien“, warnt der Presseclub Concordia in einer Stellungnahme. Das Ganze laufe zugunsten von Propagandaplattformen. Apropos Presseclubs: Ebensolche, vor allem aber der Presserat, der der Selbstkontrolle dient, sollen nicht mehr gefördert werden. Sie sollen, so der Wunsch der Freiheitlichen, der von der ÖVP abgelehnt wird, durch ihre Teilnehmer bzw. Konsumenten finanziert werden. Zumal deren Mittel oft eher begrenzt sind bzw. viele Medien ohnehin schon massiv zu kämpfen haben, wären sie damit freilich existenziell gefährdet.
Sehr viel Dissens herrscht(e) bei den Koalitionsverhandlungen in Bezug auf den ORF: Die FPÖ möchte die Haushaltsabgabe mit 2026 senken und mit 31. Dezember 2026 „restlos zugunsten einer Budgetfinanzierung streichen“. Damit würde wohl eine größere Abhängigkeit des Öffentlich-Rechtlichen von der jeweiligen Regierung einhergehen. Was dies unter einer Regierung Kickl bedeuten könnte, die ihn zu einem „Grundfunk“ zerschlagen möchte, muss nicht weiter ausgeführt werden.
Interessant und bezeichnend ist auch ein Detail zum ORF: Die FPÖ will, dass die Mitglieder des Publikumsrates nach dem Verhältniswahlrecht vom Bundesrat gewählt werden. Derzeit werden sie von Kammern, Kirchen, Parteiakademien und der Medienministerin bestellt. Sie hat dabei jedoch darauf zu achten, dass alle gesellschaftlichen Bereiche bzw. Gruppen, also etwa Hochschulen, Jugend, Kunst, Sport und Senioren vertreten sind. Damit soll wenigstens eine gewisse Breite gewährleistet werden, die über die Parteienwelt hinausgeht. Ausgerechnet das möchte die FPÖ, die sonst gerne von direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung spricht, jedoch rückgängig machen.