Zurück zur Inzidenz

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ANALYSE. Es war und ist fahrlässig, sich nicht mehr am Infektionsgeschehen zu orientieren, sondern zu warten, bis sich die Intensivstationen füllen.

Im Sommer haben sich der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sowie Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) von der Inzidenz bestätigter Neuinfektionen verabschiedet. Sie sollte nicht mehr maßgebend sein. Maßnahmen werden seither von der Entwicklung auf den Intensivstationen abhängig gemacht. Und auch das nur mit zeitlicher Verzögerung. Ab 600 Patientinnen und Patienten soll es einen „Lockdown für Ungeimpfte“ geben. Wenn der Trend der vergangenen sieben Tage anhalten würde, wäre diese Marke am 18. November überschritten. Im Moment (3. November) sind es 333.

Diese Strategie ist fahrlässig: Erstens, ein Blick auf die Kurven seit September des vergangenen Jahres zeigt, dass sich die Verhältnisse zwar geändert haben, die Zahl der Intensivpatienten aber noch immer den bestätigten Infektionen folgt. Sprich: Umso mehr müsste man letztere im Auge behalten. Auch mit notwendigen Relativierungen, Einschränkungen etc. ist sie nach wie vor ein wertvoller Frühindikator für das, was kommen könnte.

Zweitens: In Österreich sind zu wenige Menschen geimpft. Zu viele können bei einem entsprechenden Infektionsgeschehen also auf der Intensivstation landen. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeiten unterschiedlich groß sind, bleibt eine riesige Grundpopulation verhängnisvoll. Konkret: Laut der staatlichen Gesundheitsagentur AGES gibt es auch bei Älteren, die Geimpft sind, mehr und mehr symptomatische Erkrankungen. Gerade bei all jenen, die schon durch ein anderes Leiden geschwächt sind, existiert keine Garantie für einen milden Verlauf, der sich zu Hause bewältigen lässt.

Selbstverständlich ist die Inzidenz bestätigter Infektionen mit Vorsicht zu lesen. Die Ausweitung von Tests ist ebenso zu berücksichtigten wie etwa der Anteil positiver Ergebnisse. Das ändert aber nichts daran: Wenn die Kurve, wie seit Mitte Oktober, nach oben schießt, sollte man nicht warten, bis sich die Intensivstationen füllen.

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