Wir wissen noch immer (fast) nichts

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ANALYSE. COVID-19: Ein Teil der allgemeinen Beunruhigung ist auf fehlende Informationen zurückzuführen. In den vergangenen Monaten hat sich zu wenig verbessert.

Die größte Beruhigung in Zeiten extrem stark steigender Zahlen und einer chaotischen Politik liefern Experten. Franz Allerberger, Virologe und Leiter der Abteilung für „Öffentliche Gesundheit“ bei der staatlichen AGES, kommentierte die Entwicklung der Pandemie im „Frühstück bei mir“ auf Ö3 am 25. Oktober beispielsweise ziemlich gelassen: „Es ist eine viel harmlosere Krankheit, als wir vor zehn Monaten gefürchtet haben.“ Ähnlich ruhig hatte der Infektiologe Christoph Wenisch schon vor Herbstbeginn in einem „Wien heute“-Interview auf die Frage, was die Medizin so gelernt habe über die Krankheit, zugespitzt geantwortet: „Alles.“ Er muss es wissen, behandelt er doch sehr viele schwere Fälle.

Leider können Leute wie Allerberger und Wenisch nicht ständig öffentlich auftreten und erklären, was ist. Sie haben alle Hände voll zu tun. Umso schwerwiegender ist, dass es für Journalisten und Bürger schwer bis unmöglich ist, sich bestmöglich selbst zu informieren; ja, über die vergangenen Monate hat sich nicht einmal die Datenlage groß verbessert.

Worum geht es? Fast ganz Österreich ist noch immer zu sehr auf die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden fixiert. Ein Spitzenwert folgt hier auf den nächsten, alles wirkt einfach nur dramatisch. Für eine nüchterne Bewertung der Lage wäre es jedoch nötig, viel mehr zu erfahren. Konkret: Wie sind die Krankheitsverläufe?

Nicht missverstehen: Hier geht es nicht um Geschichten, die die Regierung unter Verweis auf das nach wie vor existierende Amtsgeheimnis oder (besser) den Datenschutz einer breiteren Öffentlichkeit vorenthalten könnte. Hier würde es einfach nur um anonymisierte Informationen gehen.

Beispiel: „XY“ Prozent der positiv Getesteten blieben symptomfrei, bei so und so vielen war eine häusliche Behandlung ausreichend. Und beim Anteil „z“ wurde eine Spitalsbehandlung nötig, wobei „a“ Prozent auf einer Intensivstation landeten.

Letzteres müsste sehr einfach möglich sein; gerade in einem Industrieland, in dem Informationstechnologie vorhanden ist und ohnehin alles (oft mehrfach) erfasst wird. Würde man glauben. Die täglichen Daten über die Patienten in Spitälern und auf Intensivstationen, die das Gesundheitsministerium hier ausweist, lassen sogar die Illusion zu, dass das veröffentlicht wird. Es ist jedoch falsch.

Wie dieSubstanz.at hier ausgeführt hat, ist zwar bekannt, dass es etwa am 26. Oktober 1330 COVID-19-Patienten in stationärer und davon wiederum 188 in intensivmedizinischer Behandlung gab. Das sagt jedoch zu wenig aus; im Grunde genommen nämlich nur die Auslastung der Krankenanstalten. Was fehlt, sind zwei, drei ganz entscheidende Zahlen: Tägliche Aufnahmen und Entlassungen sowie Sterbefälle.

Anders ausgedrückt: 1225 Spitalspatienten am 25. Oktober und 1330 am Tag darauf kann viel zu viel bedeuten. Im Extrem etwa, dass zu den 1225 bestehenden 75 neue dazugekommen sind; oder dass an Stelle der 1225 bisherigen 1330 neue getreten sind. Ganz zu schweigen davon, dass es (rein von den Zahlen her!) bedeuten kann, dass sich ein Corona-Patient im Schnitt nur ein Tag im Krankenhaus aufhalten muss – ober auch, dass er das schier unendlich lange tun muss.

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