ANALYSE. Die Integrationsministerin hat wieder einmal eine Umfrage durchführen lassen. Das Ergebnis gehört vertieft.
Keine zwei Monate ist es her, da hat Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) Ergebnisse einer Umfrage präsentiert, die den Eindruck vermittelt, dass es um das Zusammenleben zwischen In- und Ausländern sehr schlecht bestellt ist. Das mediale Echo war beträchtlich – und möglicherweise eine Ermunterung für Plakolm.
Schon auf die Pressekonferenz zur Präsentation einer Wertestudie hin schaffte sie es nun jedenfalls, Qualitäts- wie Boulevardzeitungen zu Vorberichten zu motivieren. Ob Standard, Presse, Kleine Zeitung, Österreich oder Heute – alle durften exklusiv ein paar Zahlen veröffentlichen. Das las sich dann zum Beispiel so: „Heute konnte vorab einige Ergebnisse der brisanten Untersuchung in Erfahrung bringen.“ Oder so: „oe24 erfuhr bereits vorab erste Details.“ Oder so: „Ein Auszug liegt dem STANDARD bereits vor.“ Plakolm durfte sich freuen. Zumal dann über die Pressekonferenz ja auch berichtet wurde. Sozusagen ein zweites Mal über denselben Inhalten.
Es geht um Werte. Beziehungsweise Botschaften an Ausländer: Was wird hierzulande als wichtig angesehen? Befragt wurden 1000 Angehörige der Gesamtbevölkerung. Laut „Standard“ finden 79 Prozent, dass christliche Feiern und Feste weitehrhin gepflegt gehören; ausdrücklich genannt worden seien Ostern, das Nikolaus- und das Martinsfest. Für 69 Prozent ist es wichtig, dass religiöse Symbole wie das Kreuz im Klassenzimmer als wichtiges kulturelles Erbe sichtbar bleiben.
Ist das aber ein Wert? Wäre es, um beim Thema zu bleiben, nicht christliche Nächstenliebe etwa? Sagen wir so: Es sind Dinge, die sehr viele Menschen mögen und die ihnen, aus welchen Gründen auch immer, wichtig sind.
Die Frage nach dem Wert erscheint auch insofern relevant, als es darauf ankommt, wie bestimmte Aussagen gemeint sind. In seinem Vorabbericht hat der „Standard“ etwa vermeldet, dass 93 Prozent der Befragten Frauen in beruflichen Führungspositionen für „genauso gut“ halten wie Männer und dass 98 Prozent gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern.
Das erweckt den Eindruck, dass so gut wie kein Unterschied mehr gemacht wird. In Wirklichkeit dürfte das in Österreich jedoch überdurchschnittlich stark der Fall sein im europäischen Vergleich und viel mehr als zum Beispiel in Schweden. Darauf lässt eine eigene Erhebung zu Geschlechterbildern schließen, die im Rahmen eines Eurobarometers im vergangenen Jahr durchgeführt worden ist. Pro Land gab es 1000 Befragte.
Ergebnisse: Der Aussage, dass Männer bessere Führungskräfte seien als Frauen, stimmen hierzulande 30, in den EU-27 25 und in Schweden sechs Prozent zu. Dass die wichtigste Rolle eines Mannes darin bestehe, Geld zu verdienen, meinen hierzulande 46 und in Schweden elf Prozent. Dass es die wichtigste Rolle einer Frau sei, sich um Heim und Familie zu kümmern, finden hierzulande 41 und in Schweden elf Prozent. Dass bei wichtigen Entscheidungen in der Familie der Mann das letzte Wort haben sollte, unterschreiben hierzulande 27 und in Schweden zwei Prozent.
Und, weil es hervorragend zur gerade laufenden Teilzeitdebatte passt: 58 Prozent der Menschen in Österreich sagen, das Familienleben leide, wenn die Mutter einer Vollzeitbeschäftigung nachgehe. In Schweden tun das nicht einmal halb so viele: 25 Prozent.