ANALYSE. Das Ergebnis der Linz-Wahl unterstreicht: Für Kickl und die Freiheitlichen gibt es Grenzen. Im Kulturkampf versuchen sie daraus jedoch eine Stärke zu machen.
Von Wahl zu Wahl verfestigt sich ein Bild: Die Freiheitlichen legen in ländlichen Regionen besonders stark zu. In größeren Städten sind sie zwar auch erfolgreich, aber bei weitem nicht im gleichen Ausmaß. Beispiel 1: Bei der Nationalratswahl sprangen sie bundesweit auf 28,8 Prozent, in Wien jedoch „nur“ auf 20,7 Prozent. Beispiel 2: In der Steiermark kamen sie bei der jüngsten Landtagswahl insgesamt auf fast 35 Prozent, in Graz jedoch „nur“ auf 21 Prozent. Und so weiter und so fort.
Auffallend ist, dass sich die SPÖ hier durchwegs gegen den Trend entwickelt. In beiden Fällen konnte sie zulegen. Jubeln konnte sie jetzt auch in Linz: Während sich der freiheitliche Kandidat Michael Raml bei der Bürgermeister-Stichwahl mit 22,9 Prozent begnügen musste, kam ihr Kandidat Dietmar Prammer auf beachtliche 77,1 Prozent.
Diese 77,1 Prozent sind wirklich beachtlich: In Linz hatte es bisher erst zwei Stichwahlen um das Amt des Bürgermeisters gegeben. Beide hatte Prammer-Vorgänger Klaus Luger, der im Vorjahr im Zuge der „Brucknerhaus-Affäre“ zurücktreten musste, für sich entschieden: Aber „nur“ mit 61 bzw. 73,1 Prozent. Wobei man berücksichtigten muss, dass er von einem Vertreter der ÖVP (Bernhard Baier) herausgefordert worden war, der weniger polarisierte als es nun FPÖ-Mann Raml tat.
Trotzdem dürfte es sich um ein Signal handeln: In den Städten gibt es Grenzen für Kickl und die Freiheitlichen. Hier existiert eine deutlichere Mehrheit gegen sie. Das schafft größeres Potenzial für Sozialdemokraten, aber auch Noes und Grüne – und ist auch im Hinblick auf die Gemeinderatswahl in Wien Ende April eine Botschaft. Die ÖVP muss in urbanen Räumen wiederum befürchten, aufgerieben zu werden.
Aus alledem sollte man nicht schließen, dass die bundesweite Führungsposition der FPÖ gefährdet sein könnte. Schon die eingangs erwähnten Beispiele weisen darauf hin: Trotz relativer Schwächen in Wien und Graz hat sie insgesamt triumphiert, weil sie abseits davon so hoch im Kurs ist.
Viellicht gehört das sogar zur Stärke von Kickl und Co.: In ländlichen Gegenden sind sie unter anderem so erfolgreich, weil sie sich gegen Urbanität und so vieles stellen, was damit einhergeht und von ihnen zum Teil ihres Kulturkampfes gemacht wird: Diversität, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Öffentlicher Verkehr statt Auto etc. – lauter Dinge, die am Land eher (!) distanziert bis anlehnend gesehen werden, die dort im Extremfall unter Umständen sogar als Bedrohung wahrgenommen werden.