Richard Lugner, unser Trump

Gastkommentar von Johannes Huber auf VIENNA.AT. Bundespräsident wird der Baumeister in Ruhe hoffentlich nicht. Ein Stück weit muss man ihm jedoch dankbar sein – er hält der Politik einen Spiegel vor.

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Gastkommentar von Johannes Huber auf VIENNA.AT. Bundespräsident wird der Baumeister in Ruhe hoffentlich nicht. Ein Stück weit muss man ihm jedoch dankbar sein – er hält der Politik einen Spiegel vor.

Zumindest die Vorrunde zur Bundespräsidenten-Wahl geht an keinen der Parteikandidaten; weder an Andreas Khol (ÖVP) noch an Rudolf Hundstorfer (SPÖ) oder Norbert Hofer (FPÖ). Auch die unabhängige Ex-Richterin Irmgard Griss hat sich nicht durchsetzen können. Eindeutiger Sieger ist Richard Lugner: Fast eine halbe Million Mal ist das Youtube-Video gecklickt worden, in dem er als „Mann des Volkes“ vor allem „die Presse“ um Unterstützung bittet. Die Mitbewerber-Flimchen brachten es nicht einmal zusammengerechnet auf so viele Seher. Und das will etwas heißen.

Ob Lugner – rein theoretisch – eine Präsidenten-Wahl gewinnen könnte, ist fraglich. Dass er ernst zu nehmen ist, hat er aber schon bewiesen: 1998 hat er als Kandidat immerhin zehn Prozent erreicht. Auch damals ist er von Politikern, Experten und Journalisten belächelt worden. Doch genau das ist ein Teil seines Erfolgs: Lugner gehört nicht zum sogenannten Establishment, dessen Beliebtheitswerte äußerst bescheiden sind.

Der 83-jährige hat das geschafft, wovon so viele träumen; er hat klein angefangen und ist reich geworden. Er führt ein Leben in Saus und Braus und vor allem an der Seite schöner Frauen.

Der Rest des Erfolgs ist bald erklärt: Der 83-jährige hat das geschafft, wovon so viele träumen; er hat klein angefangen und ist reich geworden. Er führt ein Leben in Saus und Braus und vor allem an der Seite schöner Frauen. Und er bleibt bei alledem ganz ungeniert sich selbst treu; er hat beispielsweise nie gesagt, dass er nach größtmöglicher Bildung strebe, sondern ist vielmehr stolz darauf, so, wie 86 Prozent der Österreicher, kein Akademiker zu sein – all das schafft eine Art Bande zwischen ihm und einer Masse, die nicht unterschätzt werden darf.

Richard Lugner ist kein rot-weiß-rotes Phänomen. Donald Trump ist die amerikanische Version. Zwischen den beiden gibt es überraschend viele Ähnlichkeiten. 

Richard Lugner ist kein rot-weiß-rotes Phänomen. Donald Trump ist die amerikanische Version. Zwischen den beiden gibt es überraschend viele Ähnlichkeiten. Nicht nur, was ihren beruflichen Werdegang in der Immobilienbranche, ihr Privatleben und ihr Mundwerk betrifft; beide brauchen kein großes Programm, sie sprechen allein dadurch, wie sie ticken, alle an, die von Parteien im Allgemeinen und Politikern im Besonderen die Nase voll haben. Das reicht zwar nicht dafür aus, dass sie ein Amt ordentlich bekleiden könnten; es genügt aber dafür, dass sie gewählt werden.

Wobei man Richard Lugner ein Stück weit dankbar sein muss für die Rolle, die er für Österreich spielt. Vielleicht erkennen diejenigen, auf die es ankommt, durch ihn, dass sie beispielsweise anfangen sollten, eine glaubwürdige Flüchtlingspolitik zu betrieben. Also nicht nur von Obergrenzen zu reden und daneben darauf zu vergessen, von jedem, der daherkommt, einen Fingerabdruck zu nehmen (wie es diese Woche bekannt geworden ist). Möglicherweise wird der Sozialdemokratie daneben auch bewusst, dass sie, die immer wieder von Gerechtigkeit redet, Antworten auf die Rekordarbeitslosigkeit präsentieren sollte; oder einem Andreas Khol, dass er seinen himmelschreienden Zynismus, wonach die Wahrheit ohnehin nur eine Tochter der Zeit ist, einpacken könnte. Ja, das wär’s: Wenn ein Richard Lugner solche Dinge erreichen würde, dann hätte er wirklich einen Grund, stolz auf sich zu sein.

> Dieser Text ist zunächst am 5. Februar 2016 auf VIENNA.AT erschienen. 

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