ANALYSE. Die Bundesregierung hat es auch nicht einfach. Vor allem mit Männern wie Platter, Haslauer und Co.
Eine Verlängerung des Lockdowns werde nicht angedacht, lässt Tirols Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) via ORF-Tirol am Abend des 3. Februar 2021 wissen. Sein Krisenmanager Elmar Rizzoli versucht tags darauf in einem Ö1-Morgenjournal zu beruhigen, dass die Lage unter Kontrolle sei; dass man selbst bei der Bekämpfung von Virusmutationen österreichweit „Vorreiter“ sei. Zweifel sind angebracht. Irgendwo schwingt noch immer dieses selbstgefällige „Wir haben alles richtig gemacht“ von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) nach Ischgl mit, zumal es ohne Konsequenzen geblieben ist. Vor allem aber hat am Nachmittag des 3. Februar die Leiterin des Instituts für Virologie an der Med-Uni Innsbruck, Dorothee Von Laer, Dinge gesagt, die „einigermaßen betroffen machen“ (ORF Tirol) bzw. alarmierend sind. Zumindest außerhalb des Landes: Auf Bundesebene wird eine Abschottung Tirols geprüft. Laut von Laer gibt es sehr viele Mutationen, die in Südafrika erstmals nachgewiesen worden sind und die wesentlich ansteckender sind.
Wieder einmal muss „Wien“ einschreiten, wieder einmal gibt sich ein Landeshauptmann sorglos, scheint dem Ernst der Lage und vor allem auch seiner Verantwortung nicht gerecht zu werden. In der Pandemie entwickelt sich das eher zur Regel, werden Landeshauptleute zum Problemfall im Hinblick auf die Bewältigung der riesigen Herausforderungen.
Natürlich kann man sich auch lang und breit mit Unzulänglichkeiten auf Bundesebene auseinandersetzen. Hin und wieder gibt es hier aber ein Bemühen um Lösungen, die pragmatisch erscheinen: Vor wenigen Tagen schlug Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) laut Tageszeitung „Der Standard“ vor, in den Ländern einen Lockdown-Automatismus aber einer Inzidenz von 250 zu schaffen. Vorarlbergs LH Markus Wallner (ÖVP) habe dies als „ideenlos“ bezeichnet, der Steirer Hermann Schützenhöfer (ÖVP) gar ein Messer im Rücken geortet und der Oberösterreicher Thomas Stelzer (ÖVP) von einem „Holler“ gesprochen. „Okay, dann lassen wir’s“, habe Kurz letzten Endes resigniert.
These: Mehr noch als die Bundespolitik orientieren sich Landeshauptleute an Stimmungen, sehen diese kippen (wie unlängst Platter) bzw. tun vorher lieber nur, was gefällt, ohne sich auf Notwendiges zu konzentrieren. Bei Ischgl haben Landessanitätsdirektoren geleugnet, bis es zu spät war; alle Gemeinden unter Quarantäne gestellt hat Platter erst auf Geheiß von Wien bzw. als es nicht mehr anders gegangen ist.
Im Herbst stieg die Inzidenz besonders in Vorarlberg extrem stark an, mit Ende des Monats waren bereits über 400 bestätigte Infektionen pro 100.000 Einwohner erreicht. In Kärnten handelte es sich nur um ein Viertel davon. Zu regional unterschiedlichen Beschränkungen durfte es jedoch nicht kommen, am Ende musste ganz Österreich in einen Lockdown ohne Ende – was erst recht „ideenlos“ war.
Bei der Coronaimpfung schließlich wollten die Landeshauptleute so viel Kontrolle wie möglich. Weil angeblich ja nur sie alles gut machen können. Das Ergebnis ist bekannt: Dutzende Bürgermeister, Angehörige, Junge, Gesunde und darunter auch ein Seilbahnmager konnten sich entgegen der ausdrücklichen Bundes-Empfehlungen vorreihen lassen. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer widersprach Kurz sogar, als er dies in Einzelfällen sogar guthieß. Immerhin wird mutmaßlicher Missbrauch nun ausgerechnet in Salzburg von der Staatsanwaltschaft geprüft.
Schlimm bleibt jedoch dies: Die Kraft, zum Beispiel ein Corona-Impfgesetz zu schaffen, das eine verbindliche Reihung inklusive Strafdrohungen enthält, bringt die Bundesebene, bringt auch ein so strahlender ÖVP-Chef wie Sebastian Kurz gegenüber seinen Chefs in den Ländern nicht auf – das sagt sehr viel über die Machtverhältnisse in dieser Republik aus.
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