ANALYSE. Man muss kein Katholik sein, um zu sehen, wie relevant es ist, wer Franziskus als Papst nachfolgt.
Für die Vorgänger von Herbert Kickl und Co. ist es gar nicht so einfach gewesen, internationale Kontakte auf höchster Ebene zu pflegen. Jörg Haider flog nach Libyen, um den dortigen sogenannten Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi zu besuchen. Oder zu Saddam Hussein in den Irak.
Kickl und Co. haben es einfacher. Längst sind auch in anderen europäischen Ländern Leute aufgekommen, die erfolgreich und oft auch mächtig sind. In Verbindung mit der Tatsache, dass sie mit Walter Rosenkranz den Nationalratspräsidenten stellen, empfangen sie so den Ungarn Viktor Orban im Hohen Haus und ist Rosenkranz gerade zu einem Gegenbesuch in Budapest gewesen.
Mit den Republikanern von US-Präsident Donald Trump pflegen Freiheitliche ebenfalls Kontakte. Was kein Wunder ist: Die Liste der Übereinstimmungen ist lang. Sie reicht von Demokratie- bis Wissenschaftsfeindlichkeit, von der Ablehnung von Diversitätsprogrammen bis Migration, von der Leugnung des Klimawandels bis zum Verständnis für das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin – und zwar gerade auch im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg, den dieser gegen die Ukraine führen lässt.
Immerhin kann man davon ausgehen, dass sich Kickl, wie hier in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „News“ ausgeführt, verrannt hat: Dass er sich durch seine Nähe zu Trump, der jetzt in seinem Zollwahn auch noch das globale Wirtschafts- und Finanzsysteme gefährdet, eher noch weiter vom Kanzleramt entfernt hat als er dies im Februar durch die gescheiterten Regierungsverhandlungen ohnehin schon getan hat.
Kickl steht heute auf der Seite der Zertrümmerer. Das ist so klar wie noch nie – und das ist wiederum etwas Gutes: Man kann nicht mehr sagen, er meine es nicht so und werde sich schon mäßigen. Das macht es Teilen in der ÖVP, die bis zuletzt versuchten, ihn sich zurechtzureden, schwer bis unmöglich, das weiterhin zu tun.
Andererseits kann die politische Karriere von Kickl noch sehr lange dauern. Mit offenem Ausgang. Es wäre dumm, zu übersehen, was er und seinesgleichen schon erreicht haben: Der schwarz-rot-pinken Regierung ist es wichtig, Dinge zu tun, die ihm entsprechen; sie hofft, ihm durch die Aussetzung der Familienzusammenführung und dem erklärten Ziel, Asylanträge im Inland „auf null“ zu reduzieren, Wind aus den Segeln zu nehmen.
Das entspricht im Übrigen eben auch einer Linie, die stärker oder weniger stark Trump in den USA, Orban in Ungarn oder bald auch Friedrich Merz in Deutschland fährt, der sich von der rechtsextremen AfD treiben lässt: Es ist eine Normalität geworden.
Da ist der Punkt, an dem der Papst ins Spiel kommt: Franziskus war eine wichtige Stimme dagegen. Bei aller Trennung von Kirche und Staat, hat er damit Gehör gefunden. Bringt allein schon die ausführliche Berichterstattung in praktisch allen Medien seit seinem Tod zum Ausdruck, welche Bedeutung dem Papst beigemessen wird. Er wird längst nicht mehr als Autorität angesehen, als die er vor Jahren galt. Seine Macht, gewisse Dinge für die Allgemeinheit unmittelbar durchzusetzen, ist nicht größer als die des Regierungschefs eines kleinen Landes wie des Vatikans. Es gibt aber kaum eine Person, die so viel Aufmerksamkeit erfährt wie er. Da ist er nicht weit entfernt von einem amerikanischen Präsidenten.
Insofern ist es nicht egal, wer Franziskus nachfolgt. Gerade in Verbindung mit Leuten wie Trump, Orban und Kickl macht es einen Unterschied, ob es ein für sie lästiger wird, der auf der Seite jener ist, gegen die sie vorgehen; insbesondere also Flüchtlingen. Oder ob es einer wird, der reaktionär ist und ihnen entspricht: Kommt ein solcher, dann haben sie eine relevante Stimme gewonnen, die ihr Tun stützt und auf die sie sich gerne berufen, wenn sie Pushbacks an den Grenzen durchführen, „Remigration“ betreiben oder etwa ein Verbot von Pride-Paraden mit aller Härte durchziehen lassen.