Mit Steuergeld bezahlt, aber nicht veröffentlicht

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BERICHT. Aufträge des Finanzministeriums in den vergangenen Jahren: Sieben Studien bleiben geheim.

Im Jänner hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) immerhin die Studie veröffentlichen lassen, die vor seiner Zeit erstellt wurde, den unverfänglichen Titel „Wirtschafts- und Budgetpolitik“ trug, sich aber auch komischen Dingen widmete – unter anderem, welche Tiere und Automarken mit Politikern wie Sebastian Kurz und Parteien wie der ÖVP assoziiert werden. Die Studie kostete 155.950 Euro, der Teil mit den seltsamen Fragen 37.200 Euro brutto, wie Brunner in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung gegenüber dem Abgeordneten Andreas Kollross (SPÖ) berichtet. Pikant: Dazu, welche Relevanz derlei für das Ressort gehabt habe und wer die Fragen ausgewählt habe, teilt Brunner mit, dass das Seitens des Finanzministeriums aus heutiger Sicht nicht beantwortet werden könne.

Veröffentlicht sind aber bei weitem nicht alle Studien, die unter seinen Vorgängern seit 2018 in Auftrag gegeben worden sind. Darunter Gutachten zur Indexierung des Familienbonus Plus und von Absetzbeträgen bzw. gleich zwei Untersuchungen zu den Ausnahmebestimmungen für Auslandsbeamte. Kosten: Insgesamt 56.000 Euro. Zur Erinnerung: Bei EU-Bürgern, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im Ausland leben, sind diese Leistungen unter Türkis-Blau an die dortigen Lebenshaltungskosten angepasst, in der Regel also reduziert worden. Für österreichische Diplomaten gibt’s eine Ausnahme. Was schon damals absehbar war, zeichnet sich nun ab: Nach Einschätzung des EU-Generalanwalts verstößt das gegen EU-Recht. Durch den EuGH dürfte es denn auch gekippt werden. Doch zurück zu den Gutachten: Sie werden laut Brunner aufgrund des „laufenden Verfahrens“ nicht veröffentlicht.

Bei zwei weiteren Studien, einer Auswertung der PKW-Neuzulassungen zur Vorbereitung eines Steuerreformgesetzes 2020 sowie der Nutz-KFZ-Zulassungen zur Vorbereitung einer NOVA-Reform 2021 (Gesamtkosten: rund 4550 Euro), gibt der Finanzminister an, dass sie „durch Statistik Austria nicht freigegeben“ worden seien.

Eine Onlinebefragung zum Nulldefizit sowie eine Studie zum Thema Steuerentlastungsreform, mit denen 2018 das Meinungsforschungsinstitut „Research Affairs“ (Geschäftsführern: Sabine B.) beauftragt worden war, sind laut Brunner weiterhin „nicht auffindbar“. Kostenpunkt: summa summarum 32.400 Euro.

Zu bezweifeln ist übrigens, ob sich durch die angekündigte Abschaffung des Amtsgeheimnisses bzw. Einführung einer Informationsfreiheit etwas ändern würde an der Veröffentlichungspraxis. Sofern die entsprechenden Unterlagen vorliegen und vor allem, sofern diese Reform überhaupt jemals zustande kommt. Vorgesehen wären in einem Begutachtungsentwurf nämlich weitreichende Ausnahmebestimmungen, die allerhand ermöglichen. Unter Verschluss gehalten kann demnach auch in Zukunft alles, was z.B. der „Vorbereitung einer Entscheidung“ dient; oder was „zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen“ erforderlich erscheint.

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