„Informelle Triage-Situation“

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BERICHT. Eidgenössische Wissenschaftler haben analysiert, was Krankenhäuser „am Rande der Auslastung“ bedeuten.

In der Schweiz ist das Spitalswesen in den vergangenen Monaten nicht kollabiert; zumindest nicht sichtbar. Wissenschaftler der „Swiss National COVID-19 Science Task Force“ haben jetzt genauer hingeschaut und meinen, dass es zu einer „informellen Triage-Situation“ gekommen sein dürfte.

„Die Schweizer Krankenhäuser funktionieren seit einigen Monaten am Rande der Auslastung“, so die Wissenschaftler in einem „Policy Brief“. Das sei nicht ohne Folgen geblieben: Zum einen seien „sehr viele elektive (d. h. geplante) Operationen verschoben“ worden, um Intensivbetten für schwere COVID-19-Fälle freizumachen: „Gemäß unserer Schätzung hätten seit Beginn der zweiten Welle normalerweise ungefähr 19.000 Patienten nach einem geplanten medizinischen Eingriff auf die Intensivstation verlegt werden müssen, sind jedoch aufgrund des Aufschubs der Prozedur nicht eingeliefert worden. Solche Verzögerungen können sich natürlich, je nach Art des Leidens und der Natur der geplanten Eingriffe, durchaus negativ auf die Gesundheit der Patienten auswirken.“

Zum anderen würden die Untersuchungen die Hypothese nahelegen, „dass viele stationäre Covid-19-Patienten aufgrund einer informellen Triage-Situation im Krankenhaus nicht auf die Intensivstation verlegt werden konnten.“ Tatsächlich sei der Anteil der auf die Intensivstation aufgenommenen Corona-Patienten zuletzt deutlich niedriger gewesen als etwa im Sommer. Erklärungsmöglichkeiten, wie verbesserte Behandlungsmethoden oder jüngere Patienten würden ausscheiden. Das Verhältnis zwischen coronabedingten Todesfällen und Hospitalisierungen habe sich verschlechtert.

Es könne also davon ausgegangen werden, „dass die Überbelegung der Krankenhäuser zu einer informellen Triage-Situation führt, in der einigen Patienten der Zugang zur notwendigen Intensivpflege vorenthalten wird.“ Von einer solchen Situation dürften am Höhepunkt der zweiten Welle ungefähr zwölf Prozent aller Patienten betroffen gewesen sein

Für Österreich liegt keine vergleichbare Studie vor. Was möglicherweise daran liegt, dass es keine wissenschaftliche Task Force wie in der Schweiz gibt; und daran, dass nicht einmal bekannt ist, wie viele Personen bisher aufgrund einer Corona-Erkrankung ins Spital eingeliefert werden mussten – veröffentlicht wird täglich nur ein Gesamtstand von Patienten in stationärer bzw. intensivmedizinischer Behandlung.

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