Explosive Ungleichheit

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ANALYSE. Preissteigerungen werden auch zu einem demokratischen Problem. Beispiel Immobilien. Selbst wenn sie wollten, könnten es mehr und mehr Menschen nicht mehr dazu bringen. 

Seit 2015 ist der Preis für eine durchschnittliche Eigentumswohnung in Österreich um 44 Prozent gestiegen. Wesentlich stärker also als es der allgemeinen Teuerung, geschweige denn der Einkommensentwicklung entsprochen hätte. Immobilien werden damit mehr und mehr zu einem Luxusgut, wobei die Unterschiede nach Bundesländern enorm sind: In Wien kostete ein Quadratmeter im vergangenen Jahr 140 Prozent des durchschnittlichen verfügbaren Haushaltseinkommens im Jahreszwölftel, Sonderzahlungen mit eingerechnet also pro Monat. Im Burgenland handelte es sich um gerade einmal 57 Prozent.

Auch wenn es nur eine theoretische Aussage ist, sei sie getätigt: In der Bundeshauptstadt sind fast eineinhalb vollständige Haushaltsmonatseinkommen für einen Quadratmeter Eigentumswohnung nötig, im Burgenland ist es kaum mehr als ein halbes. In Wirklichkeit fließen natürlich viele Faktoren ein, unter anderem die Lage. Wie auch immer: Extrem teuer in Relation zu den Einkommensverhältnissen sind Immobilien neben Wien auch in Salzburg (121 Prozent) sowie in Tirol (125 Prozent) und in Vorarlberg (131 Prozent).

In diesen vier Bundesländern ist es für eine Masse schwer bis unmöglich geworden, Eigentum zu erwerben – sofern weder ein Erbe noch ein außergewöhnliches Einkommen vorliegt, das eine Vermögensbildung erlaubt. Zu sagen, dass das nicht so schlimm sei, weil man auch in Miete leben könne, wäre zumindest kurzsichtig.

Hier geht es auch um eine wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft, die nicht zuletzt ein demokratisches Problem darstellt: Wer es einmal zu Eigentum gebracht und auch allfällige Kredite beglichen hat, tut sich erstens leichter, Vermögen zu mehren und kann sich zweitens viel mehr Dinge leisten – von Annehmlichkeiten bis hin zu besseren Bildungsangeboten für sich selbst oder Angehörige. Wer in Miete lebt, kommt kaum dazu, zumal ja auch die Mietpreise stiegen und einen wachsenten Anteil des verfügbaren Einkommens binden. Damit vergrößern sich Nachteile.

In einer demokratischen Gesellschaft sind im Idealfall nicht alle gleich, aber alle gleich ab Chancen: Gerade in den westlichen Bundesländern herrschte lange die Überzeugung vor, dass man mit Leistung alles schaffen kann. Das ist nicht mehr so. Eine Eigentumswohnung ist kaum, ein eigenes Haus eher gar nicht mehr drinnen. Für Umwelt- und Klimaschutz mag letzteres gut sein, in anderer Hinsicht ist es ein Problem: Es signalisiert Menschen, dass sie Verlierer sind. Selbst wenn sie wollten, könnten sie es nicht einmal mehr schaffen. Das macht etwas. Und das ist Gift für die Gesellschaft.

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