BERICHT. Nur drei von zehn Österreichern haben das Gefühl, dass ihre Interessen auf politischer Ebene vertreten werden, gar nur zwei, dass ihre Stimme gehört wird.
Die Ergebnisse deuten auf eine Krise der repräsentativen Demokratie hin: Statistik Austria führt vier Mal jährlich eine Erhebung zur sozialen Lage durch. Zuletzt, von Mai bis Juni 2025, sind insgesamt 3847 18- bis 74-jährige nicht nur befragt worden, wie es ihnen finanziell geht, sondern auch, wie sie es mit der Politik halten. Herausgekommen ist dabei unter anderem, dass sich die meisten weder gehört noch vertreten fühlen, und dass das ganz besonders bei all jenen der Fall ist, die über einen niedrigen Bildungsstand nach formalen Kriterien verfügen.
Immerhin: Noch beschäftigen sich die meisten Österreicherinnen und Österreicher mit Politik. Zwei Drittel geben an, politisch interessiert zu sein und etwas mehr, an Wahlen teilzunehmen. Das ist insofern glaubwürdig, als die Beteiligung bei der Nationalratswahl 2024 78 Prozent betrug.
Dass die FPÖ, die sich unter Herbert Kickl selbst als „Anti-System-Partei“ darstellt, bei dieser Wahl mit 29 Prozent auf Platz eins kam, überrascht nicht, wenn man weitere Ergebnisse der Statistik-Austria-Erhebung sieht: Nur drei von zehn haben das Gefühl, dass ihre Interessen auf politischer Ebene vertreten werden, gar nur zwei, dass ihre Stimme gehört wird.
Wobei: Es muss nicht nur mit einem Versagen oder mit einem gewissen Unvermögen von Parteien tun haben, es kann auch Ausdruck einer Fragmentierung der Gesellschaft sein. Sie macht es insbesondere für SPÖ und ÖVP schwer bis unmöglich, eine Volks- im Sinne einer Massenpartei zu bleiben. Zu unterschiedlich werden Vorstellungen und Bedürfnisse ihrer bisherigen Zielgruppen.
Auffallend ist, dass alle angeführten Werte bei Personen mit einem niedrigen Bildungsstand nach formalen Kriterien besonders niedrig sind: Bei all jenen, die nicht über die Pflichtschule hinausgekommen sind (laut Statistik Austria handelte es sich um gut eine Million), sind nur 54 Prozent politisch interessiert, nehmen nur 57 Prozent an Wahlen teil, haben nur 19 Prozent das Gefühl, dass ihre Interessen vertreten werden und gar nur 13 Prozent, das ihre Stimme gehört wird. Bei Männern und Frauen mit einem hohen Bildungsstand, also zum Beispiel Akademikern, sind diese Werte umgekehrt am höchsten.
Vielleicht wäre es auch nach Einkommen so. Sagen kann man es nicht: Entsprechende Werte werden von Statistik Austria nicht ausgewiesen. Man kann nur mutmaßen, dass es mit sozioökonomischem Stand oder Status zu tun haben könnte. Ist dieser niedrig, ist Politik eher kein Thema (mehr), haben Betroffene mit Politik mit größerer Wahrscheinlich abgeschlossen.
Zur finanziellen Lage gaben laut Statistik Austria zehn Prozent an, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen. Das sind etwas weniger als vor einem Jahr. Damals hatte es sich um 13 Prozent gehandelt.